Tags: Office, E-Mail, Unified Communications, VoIP
E-Mail als elektronisches Kommunikationsmittel erhält zunehmend Konkurrenz durch Medien wie Instant Messaging, VoIP und Social Media. Während die Marktführer Microsoft und IBM für die synchronen Formen der Kommunikation eigenständige Produkte wie Lync oder Sametime anbieten, bündelt CommuniGate die verschiedenen Technologien in seinem gleichnamigen Messaging-Server. Mit an Bord sind zudem die wichtigsten Groupware-Funktionen wie Adress- und Aufgabenverwaltung sowie Kalender.
Die meisten gängigen Messaging-Lösungen wie Exchange, Zimbra, Kerio oder Open Xchange sind inzwischen weit mehr als bloße Mail-Server und bieten beispielsweise auch Collaboration-Funktionen. Doch endet das Angebot zumeist an diesem Punkt. Wer Instant Messaging, Internet-Telefonie oder gar Filesharing nutzen möchte, muss in der Regel zusätzliche Produkte einsetzen. Dies erhöht den Aufwand für das Management und der Anwender muss sich mit mehreren Clients arrangieren.
Unified Communications mit einem Produkt
Der Ansatz von CommuniGate besteht dagegen darin, sämtliche Kommunikationsdienste unter einer Benutzeroberfläche zu bündeln und jeden Anwender unter einer einzigen Adresse erreichbar zu machen, egal über welchen Kanal.
CommuniGate Pro versteht sich als Kommunikationszentrale im Unternehmen und bietet neben den klassischen Tools wie E-Mail, Gruppen-Kalender, Adressbuch und Aufgabenverwaltung auch Internet-Telefonie, Instant Messaging, Anzeige des Online-Status, SMS, Online-Konferenzen sowie File-Sharing in einem Client-Server-System.
Die innerhalb der Groupware-Anwendungen vorhandenen Daten lassen sich in anderen Programmteilen weiterverwenden. Beispielsweise kann ein während eines im Kalender angesetzten Meetings ankommender Anruf automatisch an den Anrufbeantworter umgeleitet werden, Terminerinnerungen können per Instant Messaging oder SMS zugestellt oder als automatische Anrufe ausgeführt werden.
Support für alle gängigen Standards
Das System setzt dabei durchgängig auf verbreitete Standards, Protokolle und Schnittstellen. SMTP, POP3 und IMAP dienen der Mail-Anbindung, WebDAV und CalDAV dem Austausch von Terminen, SIP/RTP und XMPP der Telefonie und dem Instant Messaging. Instant Messaging und Presence-Informationen kann CommuniGate Pro mittels XMPP und SIP auch mit anderen Systemen wie ICQ, AIM, Yahoo über entsprechende Gateways austauschen.
Aufgrund der Standardkonformität finden praktisch alle gängigen Clients für Mail, Terminverwaltung, Messaging und dergleichen Anschluss an CommuniGate Pro. Auch Outlook-User können bei ihrem gewohnten Programm bleiben und müssen für die Nutzung mit CommuniGate Pro lediglich das MAPI-Plugin herunterladen und installieren. Auch gängige XMPP- und SIP-Clients erlauben den Zugang zum Unified Communications Server.
Web- und Flash-Client
Für eine plattformunabhängige Nutzung des Systems liefert CommuniGate einen Web-Client auf HTML-Basis mit verschiedenen Skins und Layouts sowie den vollwertigen Client Pronto!. Dieser liegt als Flash-Anwendung in zwei Geschmacksrichtungen vor: als Zero-Install-Programm oder als Desktop-Applikation, die Adobe AIR auf dem PC voraussetzt und eine entsprechende Installation durchläuft.
Der Client benutzt das XIMSS-Protokoll für die Kommunikation mit CommuniGate Pro. Je nach Konfiguration im Konto des jeweiligen Anwenders entfaltet der Pronto!-Client seinen Nutzen als Mail-Programm, Terminkalender, Aufgabenverwaltung oder übermittelt Präsenzinformationen sowie Instant-Messaging-Chats.
Ist der PBX-Service für den Anwender freigegeben, kann er mit Pronto! Telefonanrufe annehmen bzw. aufbauen sowie weitere Telefonie-Dienste wie Anrufbeantworter, Umleitungen und dergleichen in Anspruch nehmen. Beim Client, der im Browser läuft, muss der Anwender für die Telefonie ein zusätzliches Plugin herunterladen.
Anwender ohne Flash greifen entweder auf den einfachen Web-Client zurück, der auf einem alten HTML-Standard beruht, kein Ajax kennt, und daher auf einige Funktionen vor allem aus dem Segment der Realtime-Kommunikation (Telefonie, Instantmessaging, Presence) verzichten muss. Ein völlig neuer HTML5-Client ist laut Hersteller jedoch in Arbeit.
Apps für Android und iOS
Anwender mit Mobilgeräten wie Smartphones und Tablets kommen dagegen in den Genuss nativer Apps für iOS und Android, die praktisch den gesamten Funktionsumfang auf das Gerät bringen und einen ausgereiften Eindruck bei guter Bedienbarkeit machen.
Das von CommuniGate Pro mitgelieferte ActiveSync sorgt auf Wunsch für eine automatische Synchronisation von Mails, Terminen und Kontakten zwischen Server und Mobilgerät. Blackberries können über das optional verfügbare AstraSync-Paket over-the-air abgeglichen werden.
Telefonkonferenzen und Videoanrufe
Um einen Anruf über VoIP zu tätigen, ist im Adressbuch lediglich ein Klick auf den Eintrag des gewünschten Gesprächspartners nötig. Konferenzen mit mehreren Teilnehmern stellt der Anwender einfach durch Drag-und-Drop der Kontakte in das Anruffenster her.
Neben normalen Voice-Calls sind auch Video-Telefonate möglich, allerdings nur jeweils zwischen zwei Teilnehmern. Neben üblichen Features von Telefonanlagen wie Mailbox und Anrufbeantworter sowie Weiterleitungen finden sich auch Konferenzfunktionen inklusive einem virtuellen Whiteboard, welches von allen Teilnehmern für das Einsehen von Texten und Bildern und das Austauschen von Informationen simultan genutzt werden kann.
Integration mit Social Media
Darüber hinaus bietet das System zahlreiche weitere Features: Der integrierte Media-Player spielt Musik, Fotos und Videos direkt ab. Diese Daten kann der Anwender selbständig in seinem Account verwalten, begrenzt nur durch die vom Administrator vorgegebene Quota.
Web-Radio, RSS-Feeds sowie ein Client für Twitter, Facebook und Flickr runden das Angebot ab. Der eDisk-Dienst etabliert einen Online-Speicher für jeden User, in welchem er Dateien direkt aus seinem Pronto!-Client, von Smartphones oder alternativ per WebDAV oder FTP ablegen oder abrufen kann.
Installation und Verwaltung
Die recht einfache Installation läuft auf allen Betriebssystemen ähnlich ab: Das komprimierte Installationspaket ist zu entpacken, anschließend sorgt das Setup dafür, dass das Server-System in genau zwei Ordnern angelegt wird – einer für die Programme, ein anderer für Einstellungen und Konfiguration.
CommuniGate Pro startet anschließend einen eigenen Web-Server, der zunächst - um Konflikten mit einem eventuell schon vorhandenen HTTP-Server aus dem Weg zu gehen - auf Port 8010 bzw. 9010 (SSL) die Administrations-Konsole bereitstellt. Der Web-Client für User ist über die URL nach dem Muster http://server:8100 bzw. 9100 (SSL) erreichbar.
Der Administrator kann nun direkt damit beginnen, den Server mit der Außenwelt zu verbinden, Domains zu definieren und Benutzer mit ihren Konten anzulegen. Ein CommuniGate Pro Server ist in wenigen Minuten betriebsbereit, auch wenn die antiquiert wirkende Web-GUI zunächst keine Freude aufkommen lässt. Ambitionierte Administratoren können alternativ ein mächtiges CLI für das Konfigurieren und Managen des Systems nutzen.
Updates der Software erfordern lediglich ein Neuinstallieren der Programmdateien mit anschließendem Neustart des Dienstes. Wird CommuniGate Pro im Cluster betrieben, ist durch ein rollierendes Aktualisierungsverfahren ein unterbrechungsfreies Update durchführbar.
Skalierbarkeit und Hochverfügbarkeit
CommuniGate Pro wurde ursprünglich für Internet-Provider entwickelt. Über gehostete Installationen werden weltweit über 150 Millionen User bedient. Dementsprechend spielte beim Design der Software die Stabilität und Performance auch bei größten Nutzerzahlen eine wichtige Rolle. CommuniGate Pro hält den SpecMail2001 Rekord für ISP Messaging und empfiehlt sich auch unter hoher Last als besonders stabiler Mail-Server.
Um maximale Skalierbarkeit zu bieten, unterstützt CommuniGate Pro einen Multiserver-Betrieb. Es unterscheidet dabei zwei Setups: Zum einen gibt es den Partitionierungsmodus, bei dem User-Konten auf verschiedene Server verteilt werden, wobei kein gemeinsamer Datenpool vorgehalten wird.
Als zweite, leistungsfähigere Option sieht das System Dynamische Cluster vor, die auf Shared Storage zurückgreifen und so höhere Flexibilität und Sicherheit durch Failover ermöglichen. Es existieren Installationen in dieser Konfiguration mit bis zu 5 Millionen Nutzern – ein eindrucksvoller Beleg für die Leistungsfähigkeit des Systems.
E-Mail-Verkehr kann vom VoIP-Traffic getrennt werden, indem die Telefonie-Funktionen auf dedizierten Servern zu einer sogenannten SIP-Farm zusammengeschaltet werden. Dies hilft, den Quality-of-Service für die Sprachdienste auch unter widrigen Bedingungen wie z.B. einer DoS-Attacke oder einer Spam-Welle aufrecht zu erhalten.
Im Gegensatz zu vielen anderen Lösungen benötigt CommuniGate Pro keine separate Datenbank, um Nutzdaten zu speichern. Sämtliche Daten wie Mails, Termine, Aufgaben und Adressen werden als Mails gespeichert, und zwar getrennt voneinander, so dass Administratoren große Flexibilität beim Sichern und Wiederherstellen von Daten haben. Spezielle Datensicherungsprogramme wie sie beispielsweise für Microsoft Exchange erforderlich sind, werden nicht benötigt.
Sicherheitsfunktionen und Benutzerverwaltung
Anwender können sich ohne einen VPN-Tunnel via SSL/TLS sicher von unterwegs mit dem Server verbinden. Dabei werden sämtliche Kommunikationswege automatisch verschlüsselt. Mail-Verschlüsselung ist mittels S/MIME möglich. Alle auf dem Server gespeicherten Nutzdaten werden ohne expliziten Eingriff des Administrators oder Anwenders verschlüsselt abgelegt.
Zur Abwehr von Malware und Spam kann der Administrator Programme diverser Hersteller wie Kaspersky oder McAfee als Module einklinken. Die Authentifizierung von Clients kann neben diversen anderen Möglichkeiten auch über einen RADIUS-Server erfolgen.
Problematisches Verhältnis zu Verzeichnisdiensten
Grundsätzlich ist CommuniGate Pro in der Lage, LDAP-Server für das Speichern und Verwalten von Domain-Daten sowie User-Accounts sowie zur Authentifizierung zu verwenden. Dies geht jedoch mit funktionalen Einschränkungen einher – so klappt das beispielsweise nicht in Dynamic Clustern.
Am schwersten wiegen dürfte für viele Unternehmen hierbei jedoch die stark eingeschränkte Integration mit Microsofts Active Directory: Aufgrund unterschiedlicher Schemata sowie inkompatibler Authentisierungsmechanismen kann das AD nicht für die Benutzerverwaltung verwendet werden, so dass die CommuniGate -Konten immer separat im Groupware-Server geführt werden müssen.
Als Multi-Domain-System unterstützt CommuniGate Pro mit seiner Web-GUI eine hierarchische Domain-Delegation, so dass jede Domain von unterschiedlichen Administratoren verwaltet werden kann.
Fazit
CommuniGate Pro gelingt der Spagat zwischen Anwenderfreundlichkeit und dem großen Funktionsumfang eines Systems für Unified Communications. Anwendern liefert es mit dem Pronto!-Client eine mächtige Kommunikationszentrale, die alle Kanäle in einem Tool bündelt und einheitlich nutzbar macht.
Durch seine relativ einfache Einrichtung und geringen Ansprüche an die Hardware eignet es sich auch für kleine Unternehmen. Seine Hochverfügbarkeitsfunktionen und breite Plattformunterstützung machen es zugleich interessant für große Umgebungen und Hosting-Anbieter. Der Hersteller verspricht je Server eine Skalierung von bis zu 200.000 Usern, je nach deren Nutzungsmustern und Arbeitsintensität.
Auch für Unternehmen, die Unified Communications nicht in Reinkultur benötigen, kann CommuniGate Pro eine interessante Alternative zu etablierten Marktgrößen wie Microsoft Exchange oder Lotus Notes/Domino sein. Last but not least sind die Preise im Marktvergleich günstig.
CommuniGate Pro unterstützt Server-seitig eine ungewöhnlich große Bandbreite an Betriebssystemen: Neben Windows kann es auch auf Linux, Linux, Solaris, Mac OS sowie einigen exotischeren Systemen wie FreeBSD installiert werden. Eine Lokalisierung der Oberflächen ist in gut 20 Sprachen verfügbar.
Lizenzierung und Preise
Die Community Edition von CommuniGate Pro erlaubt die kostenfreie Nutzung der Software bis zu 5 Usern. Dieses Limit kann im Trial-Modus beliebig überschritten werden, aber dann blendet die Software eine Meldung in alle Mails und Telefongespräche ein. Das kleinste Lizenzpaket umfasst 25 User und kostet einmalig 999 Euro zzgl. Mehrwertsteuer, für die 50-User-Lizenz werden 1449 Euro fällig. Die Lizenz beinhaltet sämtliche Funktionen, lediglich die optionalen Anti-Virus und Anti-Spam-Module diverser Anbieter wie Kaspersky, Sophos oder McAfee müssen zusätzlich erworben werden.
Vor- und Nachteile
Pro
- Installation und Betrieb einfach, dadurch auch für KMU geeignet
- Zahlreiche Features für Unified Communications
- Unterstützung für viele Server- und Client-Plattformen
- Konform mit vielen Standards und Protokollen
- Umfassende Skalierungsoptionen inklusive Hochverfügbarkeit
Contra
- Admin-GUI (HTML) nicht mehr zeitgemäß, teilweise unübersichtlich
- Separate Benutzerverwaltung für den Betrieb des CG Systems erforderlich, keine Integration mit Active Directory möglich
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Andrej Radonic beschäftigt sich als IT-Journalist und als Vorstand der interSales AG seit über 20 Jahren mit IT-Lösungen für mittelständische Unternehmen. Spezialgebiete sind Virtualisierung, Open Source und E-Commerce.
// Kontakt: E-Mail, Xing, LinkedIn //
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