Tags: Hardware, Sicherheit, Netzwerk, Router
Der Handel mit gebrauchter Software wird in Fachmedien und auf IT-Online-Portalen häufig thematisiert. Wohl auch deshalb, weil Firmen wie Microsoft und Oracle vehement dagegen Position beziehen. Dass Firmen in erheblichem Maße Kosten sparen können, wenn sie gebrauchte Netzwerk-Hardware einsetzen, stößt dagegen auf weniger Interesse.
Das ist nicht ganz nachvollziehbar, denn: "Die gebrauchte Version eines Switches eines Markenherstellers ist oft für 50 bis 60 Prozent des Listenpreises zu haben", sagt Glenn Fasset, General Manager International bei Network Hardware Resale (NHR), im Gespräch mit WindowsPro. Je nach System sind noch höhere Einsparungen möglich. Auf der Web-Seite von NHR, auf der Bundles von Cisco-Switches (Chassis plus Switch Fabric Modules) aufgeführt sind, finden sich teilweise Angebote, die mehr als 90 Prozent unter dem Neupreis liegen.
Gebrauchtsysteme von Cisco, Juniper, Brocade, Dell und anderen
Network Hardware Resale mit Hauptsitz in Santa Barbara (Kalifornien) hat sich darauf spezialisiert, gebrauchte Netzwerk-Hardware von bekannten Herstellern wie Cisco Systems, Brocade, Dell, Extreme Networks, Force10 und Juniper Networks aufzukaufen und nach einer Generalinspektion an Interessenten weitergeben.
Laut NHR sind bei gebrauchten Netzwerkkomponenten im Detail folgende Einsparmöglichkeiten gegeben:
- Etwa 70 Prozent bei gebrauchten Systemen von Cisco aus der aktuellen Produktlinie des Herstellers,
- mehr als 75 Prozent bei neuen und gebrauchten Switches von anderen Herstellern wie Juniper Networks, Dell, Force10 und HP,
- etwa 80 Prozent bei optischen Netzwerkkomponenten wie Transceivern und GBICs (Gigabit Interface Converters).
Preisbeispiel
Auf gebraucht statt neu zu setzen, kann sich durchaus rechnen. Und das trotz des Preisnachlasses, den Hersteller und deren Reseller Kunden beim Kauf neuer Systeme einräumen. Ein Switch der aktuellen Reihe Cisco Catalyst 6503-E kostet beispielsweise neu etwa zwischen 1500 und 1700 Euro, wenn ihn der Nutzer über das Online-Portal eines Fachhändlers ordert. Ein Catalyst 6509-E mit Supervisor Engine 32 und 8 SFP-Ports (Small Form Factor Pluggable) kommt auf 11.000 bis 12.000 Euro.
Sind für ein Gebrauchtsystem 50 Prozent des Neupreises fällig, bedeutet das in diesem Fall eine Ersparnis von etwa 800 Euro beziehungsweise fast 6000 Euro. Ein weiterer Vorteil gebrauchter Netzwerk-Hardware: Die Lieferzeiten solcher Systeme sind laut Fassett oft deutlich kürzer als die neuer Geräte.
Neu versus alt: Funktionsumfang
Ein Argument, das auf den ersten Blick für neue Switches oder Router spricht: Hersteller integrieren in neue Systeme auch neue Funktionen. Doch das rechtfertigt nur bedingt den Kauf neuer Systeme. Nach den Erfahrungen von Network Hardware Resale enthalten neue Netzwerk-Komponenten zwischen 5 Prozent und 20 Prozent neue Funktionen. Ob der Nutzer diese tatsächlich benötigt, hängt vom Einzelfall ab. Klar ist dagegen, weshalb die Hersteller diese Politik verfolgen: Sie rechtfertigen damit die höheren Preise für neue Systeme.
Neu versus alt: Updates
Ein zweiter Punkt, den Hersteller und Fachhändler gegen gebrauchte Hardware anführen: Speziell für abgekündigte Systeme gebe es keine Software-Updates mehr. Bekanntlich sind in Switches Betriebssysteme integriert, etwa IOS bei Cisco-Systemen oder Junos bei Geräten von Juniper Networks. Diese können durchaus Sicherheitslücken oder Fehler aufweisen, die der Hersteller durch Updates beziehungsweise Upgrades beseitigt.
Allerdings, so NHR, seien regelmäßige Updates nicht in jedem Fall bei einem Switch erforderlich. Dies hänge davon ab, wo im Netzwerk das System eingesetzt werde. Auf älteren Edge-Switches wie dem Cisco Catalyst 6500 sei eine stabile IOS-Version implementiert, die nicht unbedingt erneuert werden müsse.
Über diese Argumentation lässt sich allerdings trefflich streiten. Richtig ist sicherlich, dass bei Switches, die hinter Firewalls und Intrusion-Detection-Systemen eingesetzt werden, der Update-Bedarf nicht so hoch ist. In jedem Fall ist es jedoch notwendig, die Support-Seiten des Systemherstellers und Web-Sites von Security-Spezialisten wie etwa wie Secunia aufzusuchen und sich zu darüber zu informieren, welche Sicherheitsrisiken durch ältere Betriebssystem-Versionen auf Netzwerk-Geräten entstehen können. Nötigenfalls, so NHR, müsse sich ein Anwender für die teure Variante entscheiden und, um beim Beispiel Cisco zu bleiben, auf Ciscos "Smartnet"-Support-Programm zurückgreifen.
Neu versus alt: der Support
Ein weiteres Argument, das Hersteller ins Feld führen, ist der technische Support. Käufer gebrauchter Systeme würden in dieser Beziehung "im Regen" stehen. Dies mag beim einen oder anderen Anbieter von Gebraucht-Hardware der Fall sein, aber nicht bei allen.
NHR etwa bietet etwa unter dem Namen NetSure ein Programm an, das einen Rund-um-die-Uhr-Service der Netzwerk-Infrastruktur vorsieht, inklusive eines Service-Desks und eines Management-Tools, mit dem der NHR-Kunde die Wartungsverträge mit seinen Systemlieferanten verwalten kann.
Bei Ausfall von Systemen werden die Komponenten innerhalb weniger Stunden ersetzt. NHR hat zu diesem Zweck acht Depots in Deutschland eingerichtet. Den Support vor Ort übernehmen IT-Fachleute, die über die erforderlichen Zertifizierungen durch den entsprechenden Hersteller verfügen. Sie unterstützen Anwender zudem dabei, ihre Netze zu analysieren und zu optimieren.
NetSure versus Smartnet
Nach eigenen Angaben bietet NHR sein NetSure-Programm zu Preisen an, die 50 bis 80 Prozent unter denen von Ciscos Smartnet-Supportdienst liegen. Ein zusätzliches "Bonbon" für Anwender, die Produkte unterschiedlicher Anbieter im Einsatz haben, für die kein Hersteller-Support mehr verfügbar ist (End of Life, End of Service): Auch diese werden im Rahmen von NetSure betreut, und zwar solange das der Nutzer möchte.
Eine Umfrage unter Kunden von NHR ergab, dass 75 Prozent der User, die Cisco-Netzwerksysteme einsetzen, aus Kostengründen nur einen Teil der Komponenten im Rahmen von Smartnet warten lassen. Ein Drittel beschränkt Smartnet auf Kernsysteme. Das heißt: Offenkundig kommt der qualitativ gute, jedoch kostspielige Support von Cisco und dessen Partnern nur dort zum Zuge, wo es aus Sicht von IT-Administratoren unabdingbar ist.
Checkliste 1: Worauf es beim Kauf gebrauchter IT-Hardware ankommt
Hier einige Tipps für IT-Fachleute, die den Einsatz gebrauchter Netzwerk-Hardware in Betracht ziehen:
- Die Quelle der Ware überprüfen und Referenzen einholen: Bei einem Teil der Gebrauchtsysteme auf dem Markt handelt es sich um Systeme, die aus Diebstählen stammen, oder um Plagiate. Daher beim Händler Referenzen einholen, etwa indem der Interessent Kunden des Anbieters kontaktiert.
- Nachfragen, ob der Verkäufer die gewünschten Systeme auf Lager hat: Leider kommt es immer wieder vor, dass Händler das "Fell des Bären" verkaufen, den sie noch gar nicht erlegt haben, sprich die vom Anwender gewünschten Systeme sind nicht verfügbar. Eine bessere Wahl sind Händler, die über eigene Warenlager verfügen.
- Die Test- und Qualitätssicherungsverfahren des Herstellers unter die Lupe nehmen: Ein – allerdings aufwändiger - Workaround besteht darin, ein System des Anbieters selbst zu testen. Das ist allerdings in vielen Fällen problematisch, weil Systemanalyse-Systeme teuer sind und nicht in jedem Unternehmen zur Verfügung stehen.
- Die gesamte Dienstleistungspalette des Anbieters prüfen: Dazu gehören auch Services wie die Installation von IT-Systemen und deren Wartung (eventuell auch die Fernwartung im Rahmen eines Service-Vertrages).
- Nicht nur auf die Anschaffungskosten achten, sondern eine Gesamtkostenbetrachtung vornehmen. Das heißt, auch die Kosten für Wartung und Service und gegebenenfalls für den Austausch von defekten Systemen mit einbeziehen.
- Besonders wichtig: Die Garantieinformationen prüfen: Einige Anbieter von Gebraucht-Hardware bieten eine erweiterte Garantie oder einen Umtauschservices für defekte Systeme an.
- Vorsicht bei Anbietern, die Produkte zu extrem niedrigen Preisen anbieten. Es kann sich um Systeme handeln, die Schäden aufweisen oder aus zweifelhaften Quellen stammen.
- Nachfragen, ob die Seriennummern der Systeme beim Hersteller registriert werden müssen und das gegebenenfalls tun (lassen). Für Hersteller wie Cisco Systems ist das die Voraussetzung dafür, die Software-Lizenzen an den neuen Besitzer zu übertragen.
- Gegebenenfalls bei Systemherstellern, wie etwa Cisco Systems, Extreme oder Juniper Networks, nachfragen, wie es um die Reputation des Gebraucht-Hardware-Händlers bestellt ist. Nicht in jedem Fall sehen Netzwerk-Hersteller in Gebrauchthardware-Händlern "Feinde" und verweigern bei Auskünfte.
Checkliste 2: Worauf bei Wartungsverträgen zu achten ist
Und zum Abschluss noch einige Hinweise, worauf IT-Fachleute achten sollten, wenn sie einen Vertrag über die Wartung von Netzwerk-Hardware abschließen möchten. Sie basieren auf Informationen von NHR:
- Es muss sichergestellt sein, dass der Anwender beim Ausfall von Systemen sofortigen Zugriff auf qualifizierte Service-Mitarbeiter hat. Diese sollten über die entsprechenden Zertifizierungen der System-Hersteller verfügen, also beispielsweise CCIE (Cisco Certified Internetwork Expert) oder CCNA (Cisco Certified Network Associate Routing & Switching).
- Es sollte sichergestellt sein, dass defekte Geräte innerhalb eines Arbeitstages ersetzt werden.
- Der technische Support muss nötigenfalls rund um die Uhr verfügbar sein.
- Der Hardware-Support darf sich nicht auf eine oder wenige Generationen einer Systemfamilie beschränken, sondern sollte alle eingesetzten Varianten mit einbeziehen.
- Die Details des Vertrages sollten frei verhandelbar sein.
- Anbieter, die Gebühren für die Rezertifizierung von Systemen verlangen, damit Garantieleistungen weiter erbracht werden, sind mit Vorsicht zu genießen. Solche Maßnahmen können sich für den Nutzer zu einer Kostenfalle entwickeln.
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Bei der Zeitschrift "Network World" war Reder als stellvertretender Chefredakteur tätig. Von 2006 bis 2010 baute er die Online-Ausgabe "Network Computing" auf.
Derzeit ist Bernd Reder als freier Autor für diverse Print- und Online-Medien sowie für Firmen und PR-Agenturen aktiv.
// Kontakt: E-Mail, XING //
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2 Kommentare
Sehr informativer und gut geschriebener Artikel, der alles enthält was man im groben wissen muss. Wir kaufen seit längerem bei http://www.noteboox.de ein und haben mit den Systemen von dort schon so manche Infrastruktur aufgebaut. Kann den Einsatz von refurbished bzw. generalüberholter Hardware daher uneingeschränkt empfehlen. Wobei man natürlich immer von Fall zu Fall entscheiden muss!
Ich kann dem Artikel nur zustimmen! Firmen sollen endlich mehr auf gebrauchte Hardware setzten. Man spart hier nicht nur Geld sondern tut was für die Umwelt. Händler für gebrauchte Geräte sind z.B. Green IT Solution - www.greenit-solution.de oder auch http://www.gebrauchtpc.de/. Firmen können auch bei Amazon oder Ebay schauen. Mittlerweile tummeln sich hier viele professionelle Händler. Man bekommt bei solchen Firmen neuwertige Geräte mit meistens höheren Garantien als vom Hersteller. Und das Beste ist, die Geräte müssen nicht erst in China hergestellt und umweltschädlich transportiert werden.