Tags: Web-Browser, Windows 10, Cloud
Microsoft kündigte Ende letzten Jahres an, seine Browser-Engine EdgeHTML einzustampfen und stattdessen Googles Chromium zu nutzen. Nun erschien eine erste öffentliche Preview des neuen Edge. Im Vordergrund steht die Integration mit Windows und Microsofts Cloud-Diensten. Management-Funktionen fehlen aber noch.
Als wesentliches Ziel für die Neuausrichtung seiner Browser-Strategie nannte Microsoft eine bessere Kompatibilität mit bestehenden Web-Sites. Dies sollte sowohl Benutzern des neuen Chromium-basierten Edge zugutekommen als auch Web-Entwicklern, die dann nicht mehr so viel Rücksicht auf die Eigenheiten verschiedener Browser nehmen müssten.
Web optimiert für Chrome
Tatsächlich hat die Marktdominanz von Chromium-basierten Browsern wie Google Chrome, Opera, Vivaldi und anderen dazu geführt, dass die meisten Webmaster primär darauf achten, dass ihre Seiten in diesen Frontends optimal funktionieren.
Der Nachteil des bisherigen Edge lag somit keineswegs in mangelnder Konformität mit den Web-Standards, sondern eher in der Kompatibilität mit dem real existierenden Web. Ironischerweise schneidet die aktuelle Dev Preview für den Chromium-basierten Browser beim HTML5-Test schlechter ab als Edge, das aktuell in Windows 10 enthalten ist.
Microsoft war bei der Entwicklung von EdgeHTML letztlich gezwungen, bei der Aufbereitung von Web-Seiten das Verhalten von Chrome zu imitieren. Diesen Aufwand wollte der Hersteller nicht mehr länger auf sich nehmen, da er offenbar in der Rendering- und Javascript-Engine keine wesentliche Möglichkeit sieht, sich gegenüber anderen Anbietern zu differenzieren.
Verzahnung mit Windows
Vielmehr setzt Microsoft darauf, den De-facto-Standard-Browser enger mit dem eigenen Betriebssystem sowie mit seinen Cloud-Services zu verzahnen. So forciert der Anbieter die Portierung der Chromium-Engine auf ARM64, um den Web-Client auch für Windows 10 auf dieser Plattform anbieten zu können.
Geplant ist zudem die Integration mit Windows Hello, um eine Zwei-Faktor-Authentifizierung mit Hilfe von biometrischen Daten im Wen zu ermöglichen. Hinzu kommt neben dem Support für Googles DRM Widevine auch der für das hauseigene PlayReady.
Microsoft betrachtet seine Technik für das sanfte Scrollen von Web-Seiten als führend und möchte diese ebenfalls in Chrome einbringen. Entsprechendes gilt auch für das Windows Touch Keyboard, das bereits von Edge Chromium unterstützt wird.
Anbindung an Cloud Services
Noch größere Bedeutung hat für Microsoft die Integration mit seinen eigenen Cloud-Diensten. Hier sieht sich das Unternehmen in Konkurrenz zu Google, dessen Services es aus Chromium-Edge weitgehend entfernt hat (siehe diese PPT Seite 24). Auf der Strecke blieben unter anderem die Rechtschreibprüfung, die neue Adblock-Funktion, Google DNS und natürlich alle Funktionen zum Synchronisieren der Benutzerdaten.
Gerade Letztere kann Microsoft bis dato nicht einmal im alten Edge bieten, entsprechend fehlen sie auch noch in der Chromium-Version. Präsent ist hingegen bereits Bing als voreingestellte Suchmaschine, und auf einem neuen Tab läuft per Vorgabe Microsoft News.
Hinzu kommt der Schutz gegen Malware und Phishing mittels Windows Defender SmartScreen, das auch als Erweiterung für Google Chrome nachgerüstet werden kann (zusätzlich gab Microsoft erst kürzlich Chrome- und Firefox-Plugins für Application Guard frei). Die Anmeldung an Edge Chromium erfolgt daher erwartungsgemäß mit einem Microsoft-Konto oder gegen Azure AD.
Kompatibel mit Chrome-Erweiterungen
Die Kombination aus De-facto-Standard-Browser und Microsoft-Diensten soll eine veritable Alternative zu Chrome darstellen, weil vielen Anwendern das Datensammeln durch Google missfällt. Microsoft geht davon aus, dass es in dieser Hinsicht mehr Vertrauen genießt. Außerdem müssen User bei einem Wechsel nicht einmal auf die vielen Erweiterungen aus dem Chrome Web Store verzichten.
Als weiterer Vorteil gilt, dass Edge Chromium zum Lieferumfang von Windows 10 gehören soll. Die Preview-Version kann man derzeit noch parallel zum herkömmlichen Edge installieren, aber Letzterer wird in absehbarer Zeit verschwinden.
Verfügbarkeit auf mehreren Plattformen
Der bisherige Misserfolg von Edge und der Niedergang des IE zeigen jedoch, dass ein Bundling mit dem OS keinen übermäßig großen Vorteil bietet. Das gilt vor allem dann, wenn man einen neuen Browser ausschließlich in die neueste Version des Betriebssystem integriert und die große installierte Basis von Windows 7 ignoriert, wie das mit Edge bisher der Fall war.
Auch dieser Zustand soll sich mit dem Umstieg auf Chromium ändern. Microsoft wird den neuen Browser dann nicht nur für alle unterstützten Versionen von Windows anbieten, sondern auch für Plattformen anderer Anbieter, etwa macOS. Für Android gibt einen Chromium-basierten Edge heute schon.
Derzeit noch keine Management-Funktionen
Aus der Sicht professioneller Anwender stellt sich natürlich die Frage, wie gut sich ein Browser zentral verwalten lässt. Das gilt umso mehr, als Edge lange Zeit nur einen Bruchteil der GPO-Einstellungen des IE anbot, was ihm die Akzeptanz in vielen Unternehmen kostete.
Mittlerweile hat sich diese Situation mit Windows 10 1809 deutlich gebessert. Den aktuellen Previews der Chromium-Version, die in zwei Channels täglich bzw. wöchentlich erscheinen, fehlen jedoch noch Funktionen für das Management (via GPO). Sie richten sich explizit an Web-Entwickler, damit diese ihre Applikationen bereits im neuen Browser testen können.
IT-Pros möchte Microsoft erst mit der Beta ins Boot holen, die zu einem späteren Zeitpunkt erscheinen wird. Wer den Browser bereits heute testen möchte, kann ihn für Windows 10 x64 von Microsoft Edge Insider herunterladen.
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