Tags: Windows 10, Windows Server 2019, OS Deployment
Die nicht übermäßig populären Feature-Updates für Windows 10 im Halbjahrestakt bringen den Hersteller in Bedrängnis. Datenverluste beim Upgrade auf die Version 1809 erzwangen einen Auslieferungsstopp des OS. Gleichzeitig riskiert Microsoft beim Server das Vertrauen der Anwender durch eine beschleunigte Freigabe.
Microsofts Vorbild für die Entwicklung und Wartung von Windows 10 sind ganz offensichtlich die deutlich weniger komplexen Betriebssysteme für mobile Geräte wie Android oder iOS. Updates erscheinen dort in relativ kurzen Intervallen und werden über die Cloud an die Endgeräte verteilt.
Windows as a Service als Experiment
Während Microsoft professionelle Anwender darauf drängte, ihre Deployment-Prozesse auf die neue agile und Cloud-inspirierte Entwicklung von Windows 10 anzupassen, verwandelte sich Windows as a Service immer mehr zum Experimentierfeld für den Hersteller.
Die aktuelle Panne bei Windows 10 1809 ist dabei nur der aktuelle Höhepunkt eines chaotischen Prozesses. Meldungen über Datenverluste beim Upgrade zwangen Microsoft, die Auslieferung dieses Releases vorläufig zu stoppen.
Zahllose Änderungen bei den Verteilerringen, Support-Zeiträumen, Update-Intervallen und Deployment-Mechanismen sorgten aber schon von Anfang an für ständige Unruhe. Bereits die außerplanmäßige Verlängerung des Supports für fast alle Versionen von Windows 10 waren ein Eingeständnis, dass zwei OS-Updates pro Jahr für die meisten Unternehmen zu viel sind.
Längere Intervalle nur für Enterprise-Kunden
Die aktuell letzte Änderung bei der Support-Politik, die für die Editionen Enterprise und Education eine Unterstützung von 30 Monaten gewährt, stellt faktisch eine Abkehr von den halbjährlichen Feature-Updates dar. Unternehmen können sich damit auf ein Upgrade alle ein bis zwei Jahre beschränken.
Obwohl Windows as a Service nie rund lief, versuchte Microsoft, das Betriebssystem in noch kürzeren Abständen in den Markt zu bekommen, indem es den Current Branch abschaffte. Dadurch entfiel ein zusätzlicher Puffer für Firmenkunden. Das betrifft vor allem jene, welche die Pro Edition einsetzen und nur 18 Monate Support erhalten.
Insider-Programm meldete Fehler
Als letzte Prüfinstanz vor der Freigabe von neuen Windows-10-Versionen fungiert seitdem das Insider-Programm. Pikanterweise wurde der Fehler, der jetzt zum Auslieferungsstopp führte, dort schon vor Monaten im Feedback Hub gemeldet. Die vom Hersteller zuvor verkleinerte Mannschaft für die Qualitätssicherung hatte ihn aber offensichtlich nicht aufgenommen.
Angesichts der erneuten Panne (bereits das Release 1803 verzögerte sich durch einen spät entdeckten Fehler) stellt sich die Frage, ob sich Microsoft nicht gänzlich von den zwei Feature-Upgrades pro Jahr verabschieden sollte.
Offenbar sind damit nicht nur die Anwender, sondern der Hersteller selbst überfordert. Bleibt es beim bisherigen Rhythmus, dann drohen die Home-Anwender zu Betatestern von Windows 10 zu werden, weil sie Upgrades nicht aufschieben können.
Agile Entwicklung auch für Windows Server
Der agilen Entwicklung unterliegt indes nicht nur Windows 10, sondern bekanntlich auch Windows Server. Im Rahmen des Semi-annual Channel (SAC) erscheinen zwei Updates für Server Core pro Jahr. Allerdings machte Microsoft auch hier bereits Abstriche, indem es die SAC-Releases primär als Container-Hosts positionierte und Rollen für Infrastrukturdienste unter Vorbehalt stellte.
Die für Windows 10 verkürzte Markteinführung überträgt Microsoft nun aber auch auf den Long Term Service Channel (LTSC) von Windows Server. Die Version 2019 ist die erste, so ein Eintrag auf einem TechNet-Blog, die den Milestone Release to Manufacturing (RTM) überspringt und direkt den Status General Availability (GA) erreicht. Begründet wird dies mit der steigenden Popularität von virtuellen Maschinen, Containern und Cloud-Deployments.
Kürzere Qualitätssicherung
Damit entfällt eine Phase von zirka 3 Monaten, die Partner in der Vergangenheit nutzen konnten, um Treiber, Firmware sowie Software zu aktualisieren und das neue Betriebssystem auf ihrer Hardware zu testen. Microsoft konnte in der Zwischenzeit die Qualität der Server-Software verbessern und Feedback von OEMs einarbeiten.
Mit der Freigabe als GA war dann bereits zahlreiche Hard- und Software für das neue Release von Windows Server zertifiziert. Die Version 2019 ging dagegen gleichzeitig an Anwender und Hersteller, so dass im Windows Server Catalog nur relativ wenige Produkte für diese OS-Version zertifiziert sind.
Storage Spaces Direct in der Warteschleife
Dies wirkt sich besonders auf die Einrichtung von hyperkonvergenten Infrastrukturen auf Basis von Storage Spaces Direct (S2D) aus, weil dafür eine eigens zertifizierte Hardware benötigt wird. Daher zeigt der Wizard für S2D oder Software-Defined Networking (SDN) aktuell eine Warnung an und fordert den Benutzer auf, einen eigenen Schlüssel vom Microsoft-Support einzuholen.
Diese Prozedur soll im Januar beseitigt werden, also nach einer 3-Monate-Frist, die dem gewohnten Abstand zwischen RTM und GA entspricht. Bis dahin erwartet Microsoft die ausreichende Verfügbarkeit von zertifizierter Hardware. Dann dürfte auch ein Qualitäts-Update für Server 2019 erscheinen, wie dies sonst immer anlässlich der GA üblich war.
Es liegt auf der Hand, dass die verkürzte Phase für Tests und Qualitätsverbesserungen vorerst zur Vorsicht beim produktiven Einsatz von Server 2019 gemahnt. Die Ereignisse rund um Windows 10 1809 stärken nicht gerade Vertrauen in Microsofts Freigabeprozess. Und der Mangel an zertifizierter Hard- und Software steht einer raschen Migration ohnehin entgegen.
Update: Aktuell scheint Microsoft auch Server 2019 zurückgezogen zu haben, denn er ist im Moment weder im Evaluation Center noch unter den MSDN-Downloads verfügbar. Dort finden sich momentan nur Language Packs und Features on Demand.
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