Tags: Netzwerk, Monitoring, Sicherheit
Dieser Beitrag zeigt anhand von Ping, wie sich Mitschnitte des Netzwerk-Traffics in Wireshark auswerten lassen. Das Sniffing-Tool erlaubt es dem Anwender durch die Aufteilung des Fensters, sich schnell durch die verschiedenen Schichten des Netzwerk-Stacks zu hangeln und detaillierte Informationen auszulesen.
Für dieses Beispiel verwenden wir der Einfachheit halber und aus Gründen der Sicherheit zwei virtuelle Systeme (Ubuntu und Kali Linux) mit den IP-Adressen 192.160.0.124 (Ubuntu) und 192.168.0.123 (Kali). Auf beiden Systemen ist Wireshark verfügbar, wir können sie daher als Client oder Server verwenden.
Aufzeichnung starten
Zuerst klicken wir im Menü Aufzeichnen auf Optionen und markieren das mitzuschneidende Interface (hier eth0). Wenn Sie etwas länger mit der Maus auf den Eintrag verharren oder das kleine Dreiecksymbol bei Interface aufklappen, wird auch die zugehörige IP-Adresse angezeigt, um ganz sicher zu gehen, das richtige Gerät erwischt zu haben.
Am Fuß des Dialoges bei "Mitschnittfilter für die ausgewählte Schnittstelle" geben wir den Wert "ICMP" ein.
Sofern es sich um ein gültiges, also von Wireshark akzeptiertes Eingabemuster handelt (erlaubt sind diverses Kombinationen aus Protokollbezeichnung und Ports, die sich auch logisch verknüpfen lassen), wird der Hintergrund grün.
Dann klicken wir auf Start. Wireshark wechselt jetzt in den Aufzeichnungsmodus und sollte ein leeres Aufzeichnungsfenster zeigen, sofern Sie sich in einer isolierten Labor-Umgebung befinden.
In realen Umgebungen dagegen wird durchaus auch anderweitiger ICMP-Traffic zu beobachten sein. Dieser muss sich auch nicht explizit an den Host richten, auf dem Wireshark läuft, denn wir benutzen den angegeben Port ja im Promiscuous-Mode.
Wir können das Ziel im Filter aber auch spezifisch angeben, zum Beispiel mit
icmp and host 192.168.0.123
Anschließend pingen wir das System von unserem Ubuntu-Client aus. Im Gegensatz zu Windows läuft ein ping unter Linux bis zu einem Benutzer-Timeout. Da wir wenige Pakete benötigen, brechen wir den ping unmittelbar danach mit Strg+C wieder ab und beenden dann den Mitschnitt mit einem Klick auf das rote Quadrat. Das Ergebnis sollte dann so aussehen wie in folgender Abbildung.
Das Beispiel ist trivial, aber wir können die Ausgabe hervorragend nutzen, um den Aufbau der Wireshark-Ausgabe zu erläutern.
Aufteilung des Fensters
Im obersten Abschnitt des Fensters finden Sie die komplette Liste der aufgezeichneten Pakete. Der mittlere Teil zeigt für das oben ausgewählte Frame detaillierte Informationen zu den einzelnen Protokoll-Headern im OSI-Modell in aufsteigender Reihenfolge.
Der erste Eintrag mit "Frame 1…:" steht dabei allerdings nicht für den Bitübertragungs-Layer 1 im OSI-Modell, sondern enthält eine von Wireshark erstellte Zusammenfassung mit grundlegenden Informationen zum Frame selbst. So zeigt der Eintrag die Frame-Nummer (hier 1) und die Länge des aufgezeichneten Paketes (98 Byte = 784 Bit) sowie die Interface-Nummer.
Umgangssprachlich ist im Zusammenhang mit Wireshark bzw. der Traffic-Analyse im Netzwerk von "Paketen" die Rede. Das ist aber streng genommen nicht ganz richtig, wenn wir uns wie in diesem Beispiel im eigenen lokalen Netzwerk und damit auf Layer-2 bewegen. Daher handelt es sich beim zweiten Eintrag im mittleren Fenster mit der Bezeichnung "Ethernet II" offensichtlich um Details zum von uns aufgezeichneten Ethernet-Frame.
MAC- und IP-Adresse auslesen
So gibt Wireshark hier die Quell-MAC-Adresse (Src) mit Alias und tatsächlicher Adresse (00:50:56:b7:30:b4) sowie die Ziel-MAC-Adresse an. Der besseren Lesbarkeit wegen (nur hier in der Zusammenfassung) erfolgt dies nicht in umgekehrter Reihenfolge. Bekanntlich steht im tatsächlichen Frame immer erst die Ziel-MAC.
Aus Alias und Art der MAC-Adresse (die erste 3 Byte sind immer herstellerspezifisch) ist außerdem ersichtlich, dass es sich um generische Adressen von VMware handelt, denn unsere VMs laufen unter ESXi.
Die Bezeichnung "Ethernet II …" in Zeile 3 steht dann folgerichtig für das von Layer 2 transportierte, bzw. gekapselte Protokoll, also Internet Protocol Version 4. Zu erkennen ist hier außerdem bereits die Quell-IP (Src) mit 192.168.0.124 und Ziel-IP (Dst) mit 192.168.0.123.
Zeile 4 bezieht sich dann auf das eingekapselte bzw. im Layer-3 transportierte höherwertige Protokoll. Das muss aber nicht zwingend eines von Layer 4 (TCP, UDP), sondern kann durchaus auch ein höherwertiges Protokoll auf Layer 3 sein wie im Fall von ICMP. Es ist zu erkennen an der Bezeichnung "Internet Control Message Protocol".
Die Paketliste im oberen Teil verrät auch noch so Einiges. Die Nummer in der ersten Spalte wurde von Wireshark selbst der besseren Orientierung wegen angefügt und ist nicht wirklich im Frame enthalten.
Wir erkennen aber auch hier für jedes einzelne Frame auf dem ersten Blick die Source- und Quell-IP, die zeitliche Länge (Dauer) der Aufzeichnung, das übertragene Protokoll (ICMP) und den ICMP-Typ (hier "echo reply" und "echo request") sowie id, ttl und seq-Number.
Der Mitschnitt des Frames mit der Nr. 1 im Layer 2 offenbart, dass ein Client mit der Layer-3-IP-Adresse 192.168.0.124 ein Layer-3-ICMP-Paket an das Ziel 192.168.0.123 vom ICMP-Typ "echo-equest" (ping) versendet hat.
Berechnung der Frame-Länge
Der Frame ist insgesamt 98 Byte lang, wobei man erwähnen muss, dass man die Länge der Test-Pakete, die der ping-Befehl versendet, per Option einstellen könnte. Warum der Frame 98 Byte lang ist, lässt sich auch beantworten.
Die Mindest-Frame-Size im Ethernet ist 64Byte. Da die ping-Default-Size nur 32 Byte ist, wird auf 64 Byte aufgefüllt. Hinzu kommen 14 Byte Ethernet-Header + 20 Byte IPv4 Header = 64+14+20 = 98 Byte, denn einen TCP-Header gibt es im Fall von ICMP ja nicht.
Im unteren Fensterteil schließlich zeigt Wireshark den kompletten Inhalt des aufgezeichneten Pakets (in diesem Fall 98 Bytes) in Raw-Darstellung an. Man achte dabei auf das folgende interessante Detail. Klickt man im mittleren Fenster
- auf den Eintrag für "Frame 1", ist unten in den Rohdaten das komplette Paket mit seiner Länge von 98 Byte blau markiert.
- nur auf den Layer-2-Header-Eintrag, dann wird unten nur der Teil des Paketes blau markiert, der den Header eines Ethernet-Frames von 14 Byte umfasst.
- hingegen in der Mitte auf den Eintrag für das IP-Paket, werden unten exakt 20 Byte markiert und zwar beginnend mit jenem Byte, das sich an den Ethernet-Frame-Header anschließt, denn der IP-Header ist ja der Kapselung wegen Teil der Payload (Nutzdaten) von Schicht 2 (Ethernet).
Schauen wir nun die einzelnen Ebenen im Detail an, um an weitere Informationen zu gelangen. Markieren wir Zeile 1 im mittleren Fenster, dann werden also im unteren Fenster die gesamten Rohdaten von 98 Byte markiert.
Entfalten wir diese durch einen Klick auf das Dreiecks-Icon vor Frame 1, erhalten wir noch mehr Informationen. Das Ergebnis sollte so aussehen, sofern Sie den Untereintrag für "Interface" ebenfalls noch aufklappen.
Für eine tiefere Analyse entfalten wir jetzt die Details für den zweiten Eintrag im mittleren Fenster "Ethernet II ..", also zum Ethernet-Frame-Header auf Layer-2. Achten Sie dabei auf die unten markierten Rohdaten, die genau dessen 14 Byte umfassen. Im mittleren Fenster lassen sich dann weitere Detailebenen einblenden.
Wir erkennen nun Informationen zur Source- und Destination-MAC-Adresse. Im Layer-2, also im Ethernet-Frame-Header, steht immer zuerst die Ziel-MAC. Wie schon erwähnt lässt sich an den jeweils linken 3 Bytes der 6 Byte langen MAC-Adresse erkennen, dass der Hersteller des Netzwerkgeräts VMware ist, wir uns also offenbar in einer virtualisierten Umgebung bewegen.
Am Ende der Anzeige wird noch das Type-Feld des Ethernet-Frames angezeigt, das angibt, welches Protokoll der nächsten höheren Ebene im Frame transportiert wird, hier IPv4 (0x800).
Noch ein Detail ist interessant. Markieren Sie in der Details-Ansicht beispielsweise die Ziel-MAC-Adresse, dann wird auch unten im Rohdaten-Fenster exakt der zugehörige Bereich markiert. Das Gleiche gilt für die direkt dahinter folgende Source-MAC.
Nun setzen wir die Analyse mit Detailinformationen aus dem Layer-3-Header (Eintrag "Internet Protocol Version 4" im mittleren Fenster) fort. Da der IP-Header mit 20 Byte länger ist und mehr Felder kennt als der Ethernet-Frame, beansprucht das mittlere Fenster auch mehr Platz. Markieren wir hier wieder analog zu oben wieder die Source-IP, dann wird auch nur der zugehörige Bereich in den Rohdaten eingefärbt.
Analog zum Typ-Feld im Layer 2 gibt es im Layer 3 das "Protocol"-Feld, das hier den Wert 1 hat, was für ICMP, ebenfalls ein Layer-3-Protokoll, steht. Andere populäre "höherwertige" Protokolle wären zum Beispiel die Layer-4-Protokolle TCP mit 6 oder UDP mit 17.
Werfen wir abschließend noch einen Blick auf den Abschnitt "Internet Control Message Protocol" (ICMP), also das nächsthöhere transportierte Protokoll. Offenbar kennt auch dieses verschiedene Typen, die im entsprechenden Feld spezifiziert werden. Unser Frame1 verwendet den Typ 8, der für "echo-request" (ping) steht.
Vergleichen Sie diesen Eintrag mit jenem im Frame 2, dann werden Sie feststellen, dass das Layer-3-Protocol-Feld zwar selbstverständlich auch auf 1 (ICMP) steht, der ICMP-Typ aber folgerichtig 0 ist, was für "echo -reply" (ping) steht.
Warum allerdings die IANA den Request (echo = 8) numerisch vor den Reply (echo-reply = 0) gestellt hat, weiß wohl nur der Weihnachtsmann.
Täglich Know-how für IT-Pros mit unserem Newsletter
Thomas Drilling arbeitet ist seit fast 30 Jahren selbständig in der IT-Welt sowohl als Consultant, als auch als Redakteur, Buchautor und Journalist für viele ehemalige und aktuelle IT-Magazine sowie Blogs.
Aktuell bestätigt sich Thomas schwerpunktmäßig als IT-Trainer für Cloud-Computing in den Bereichen Microsoft Azure, Amazon Web Services und VMware.
Thomas ist zertifizierter Microsoft-Trainer für nahe das gesamte Portfolio an Microsoft Azure Trainings. Thomas ist außerdem zertifizierter Microsoft Azure Solutions Architect Expert sowie VMware Certified Professional und wurde von VMware in den Jahren 2016 bis 2022 mit dem Blogger-Status vExpert ausgezeichnet.
Thomas führt aktuell jeden Monat zwei selbstkonziperte 4-tägigen Grundlagenkurse in Cloud Computing mit Azure durch, die sich inhaltlich bewusst von den Microsft-Kursen abheben und vorzuweise als Bootcamp in eine besonderen Lokation stattfinden. Optional kann aber aber auch remote via Microsoft Teams teilgenommen werden.
Das aktuelle Trainingsprogramm findet sich unter Azure-Trainings. Weitere Informationen und Anmeldung über sein Azure-Blog.
Verwandte Beiträge
- Fortgeschrittene Techniken mit Nmap: TCP-Window-, FIN-, NULL- und XMAS-Scans
- Nmap: Firewalls umgehen mit Ping- und TCP-ACK-Scans
- Portscanner Nmap: die wichtigsten Funktionen im Überblick
- Netzwerk-Analyse mit Wireshark: Datenströme verfolgen mit Verbindungsfiltern
- Netzwerk-Analyse mit Wireshark: TCP-Handshake beim Aufbau einer Sitzung untersuchen
Weitere Links