Tags: Desktop-Virtualisierung, App-V, RDS, MDOP
Trotz aller Vorbehalte gegen zentrale Desktops hat Microsoft mittlerweile ein Portfolio an Tools entwickelt bzw. zugekauft, die alle wesentlichen Funktionen für die Virtualisierung von Desktops bieten. Wie man von einem Plattformanbieter wie Microsoft erwarten kann, strebt die Firma nach einem vollständigen Software-Stack vom Hypervisor bis zu den Management-Werkzeugen. Allerdings weisen Microsofts VDI-Technologien derzeit noch eine Reihe von Defiziten auf, so dass sie für den produktiven Einsatz in größeren Installationen nicht ausreichen.
Microsoft dominiert seit den 90er-Jahren das Desktop-Computing, aber weder der Terminal-Server noch zentrale virtuelle Desktops (SHVD) wurden in Redmond erfunden. Vielmehr galt Microsoft mehr als Bremser dieser neuen Entwicklungen, vor allem durch die Einführung einer zusätzlichen Lizenz für das Recht, Desktops im Rechenzentrum betreiben zu dürfen. Außerdem versucht die Firma immer wieder nachzuweisen, dass virtuelle Desktops teurer sind als herkömmliche Fat Clients.
Alle für VDI notwendigen Produkte in 2 Paketen
Die von Analysten prognostizierte starke Nachfrage nach Desktop-Virtualisierung und das steigende Interesse der Anwender an diesem Thema veranlassten Microsoft dazu, dieses Modell stärker zu unterstützen. Ein wesentlicher Schritt dazu war die Erweiterung der Terminal-Dienste zu den Remote Desktop Services (RDS), die einen Connection Broker für virtuelle Desktops enthalten. Mittlerweile bietet Microsoft alle Produkte, die für eine VDI-Installation benötigt werden, in 2 Software-Paketen an, der VDI Standard Suite und der VDI Premium Suite.
Die VDI Standard Suite enthält folgende Komponenten:
- Microsoft Hyper-V Server 2008 R2
- Systems Center Virtual Machine Manager, System Center Operations Manager (SCOM) und System Center Configuration Manager (SCCM), allerdings mit Einschränkung der Management-Funktionen auf VDI
- Microsoft Desktop Optimization Pack (MDOP), wobei hier primär App-V von Bedeutung ist
- Windows Server Remote Desktop Services (RDS), mit Einschränkung der Funktionen auf Bereitsstellung von virtuellen Desktops.
Die VDI Premium Suite enthält:
- Alle in der Standard Suite enthaltenen Produkte
- Volle Funktionalität der Remote Desktop Services, also nicht nur VDI, sondern auch die Terminaldienste
- App-V for Remote Desktop Services
Keines der beiden Pakete enthält die zum Zugriff auf virtuelle Desktop benötigte Lizenz Windows VDA.
Virtuelle Desktops mit RDS
Die Remote Desktop Services umfassen nicht nur die bisherigen Terminaldienste, sondern auch zusätzliche Rollen und Funktionen für VDI. Die Bereitstellung von virtuellen Desktops mit reinen Microsoft-Mitteln setzt eine relativ komplexe Installation voraus, die mehrere Instanzen von Windows Server erfordert.
Neben den neuen Rollen RD Virtualization Host und RD Connection Broker kommen aus Kompatibilitätsgründen auch Session Host und RD Web Access hinzu.
Der RD Virtualization Host ist eine Rolle in Windows Server 2008 R2 und benötigt Hyper-V, der die virtuellen Maschinen bereitstellt, in denen Windows 7 oder XP als Gastsystem läuft. Sie ist aber auch im kostenlosen Hyper-V Server 2008 R2 verfügbar, wo sie mittels Powerscript aktiviert werden muss.
Der RD Connection Broker ist eine Weiterentwicklung des TS Session Broker und kann nun auch Benutzer mit virtuellen Desktops verbinden. Wie bisher ist er auch in der Lage, User an Sessions auf dem Session Host (Terminal-Server) zu vermitteln. Allerdings kommuniziert der Broker als VDI-Schaltstelle nicht direkt mit den Endgeräten, sondern benötigt einen vorgeschalteten Session Host, der im Redirection Mode läuft. Diese Konstellation stellt sicher, dass auch ältere RDP-Versionen mit virtuellen Desktops verbunden werden können.
Auch RD Web Access spielt eine wesentliche Rolle bei der Integration älterer Clients. Der Nachfolger von TS Web Access zeigt nicht nur Sessions, sondern auch Desktops auf einer Web-Oberfläche an, und ermöglicht Endgeräten mit früheren Versionen von RDP den Zugang zu zentralen Desktops. Die Integration von Anwendungen und Desktops, die über RDS bereitgestellt werden, in das Startmenü bleibt nämlich Windows 7 vorbehalten.
Protokoll-Unterstützung
Ein Remote-Display-Protokoll ist eine wesentliche Technologie für die Bereitstellung zentraler Desktops. Seine Fähigkeiten sind ausschlaggebend für die Qualität des Benutzererlebnisses. Das von Microsoft entwickelte Remote Desktop Protocol (RDP) weist in dieser Hinsicht notorische Defizite auf, so dass sich eine ganze Add-on-Industrie gebildet hat, um verschiedenen Mängel zu kompensieren.
Die Version 7, die mit Windows 7 und Server 2008 R2 ausgeliefert wird, bringt einige Verbesserungen, die besonders virtuellen Desktops zugute kommen. Dazu zählen Multimedia-Redirection für Media-Player-Formate, bidirektionales Audio, DirectX-Remoting, Aero-und Multi-Monitor-Unterstützung. In den Genuss all dieser Fortschritte kommt man indes nur, wenn Windows 7 als Gastsystem auf dem Virtualization Host läuft.
Eine deutliche Aufwertung von zentralistischen Modellen steht mit dem SP1 für Windows Server 2008 R2 ins Haus. Es bringt die von Calista zugekaufte Technik unter der Bezeichnung RemoteFX. Es ist kein Ersatz für RDP, sondern eine Erweiterung, die Grafikdaten auf dem Host rendert. Microsoft positioniert RemoteFX ausschließlich für den Einsatz im LAN.
Virtualisierung von Anwendungen
Um die Zahl der Desktop-Images gering zu halten und sie besser wartbar zu machen, etabliert sich die Applikationsvirtualisierung inklusive Streaming bei VDI als Alternative zur herkömmlichen Installation. Microsoft bietet dafür App-V als Bestandteil des MDOP an. Es ist ein mächtiges und funktionsreiches Tool, das derzeit in der Version 4.6 vorliegt.
Die RDS CAL enthält seit einiger Zeit auch eine Lizenz für App-V, allerdings nur für den Einsatz auf Session Hosts. Es soll helfen, Programmkonflikte auf dem Terminal-Server zu vermeiden. Für den Einsatz in virtuellen Desktops muss App-V über MDOP bzw. die VDI Suite erworben werden.
Management von Benutzerprofilen
Die Loslösung von Daten und Einstellungen der Benutzer von Windows ist ein weiteres Anliegen bei der Desktop-Virtualisierung, damit diese Informationen nicht innerhalb des Systemabbilds gespeichert werden müssen.
Microsoft hat sich zuletzt die wohlklingende Bezeichnung User State Virtualization einfallen lassen, unter der es altbekannte Windows-Funktionen zusammenfasst. Es handelt sich dabei um Server-gespeicherte Profile, Ordnerumleitung und Offline-Dateien, die allerdings den Anforderungen virtualisierter Umgebungen nicht genügen. Ein ganzer Markt an entsprechenden Lösungen von Drittanbietern wartet darauf, diese Lücke zu füllen.
Offline-Unterstützung
Citrix packt den Client-Hypervisor XenClient in XenDesktop 5, und VMware stattete View 4.5 mit Local Mode aus, einer von VMware Workstation abgeleiteten Technik zur lokalen Ausführen virtueller Desktops. Beide Hersteller möchten damit die Offline-Fähigkeit ihre VDI-Systeme erreichen, indem sie Änderungen zwischen lokal und zentral ausgeführten VMs synchronisieren. Ohne Anbindung an das Rechenzentrum können Benutzer daher mit einer lokalen Instanz ihres virtuellen Desktops arbeiten.
Microsoft positioniert VDI ohnehin nur für einige Nischen, etwa für die Anbindung von Offshore-Partnern bzw. externen Projektmitarbeitern sowie für aufgabenorientierte Tätigkeiten, wo es die Terminaldienste ersetzen soll. Deshalb macht Microsoft keinerlei Anstalten, einen eigenen Hypervisor für den Client zu entwickeln und reagiert skeptisch auf derartige Ambitionen anderer Hersteller. Derzeit bietet sich keine Möglichkeit, diese Lücke durch Software anderer Anbieter zu schließen.
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