Tags: Windows 7, Kompatibilität, Internet Explorer, Migration
Die größte Hürde für die Migration von XP auf Windows 7 sind inkompatible Anwendungen, die sich nicht einmal mit Hilfe der verschiedenen Konfigurationsoptionen des Betriebssystems ausführen lassen. Dabei kann man leicht übersehen, dass eine solche Unverträglichkeit nicht nur klassische Desktop-Anwendungen betreffen kann, sondern auch Web-Applikationen, die für den IE6 entwickelt wurden. Technische und lizenzrechtliche Probleme sorgen dafür, dass Weiterverwendung des alten Browsers unter Windows 7 zu einer schwierigen Aufgabe wird. Folgende Übersicht zeigt, welche Wege man dafür beschreiten kann.
Bei Anwendungen, die für den IE6 optimiert oder gar nur dafür geschrieben wurden, handelt es sich genau genommen um XP-Programme, weil sie nur über den Web-Browser dieses Betriebssystems genutzt werden können. Dies war von Microsoft durchaus so gewünscht und das Ergebnis einer langjährigen Browser-Strategie. Ihre auch von Microsoft unerwünschte Nebenwirkung besteht heute darin, dass der IE6 als eines der größten Hindernisse für die Migration auf Windows 7 gilt.
Mehrere Ursachen für Kompatibilitätsprobleme
Es gibt eine Reihe von Gründen, warum IE6-Anwendungen nicht auf späteren Versionen des Browsers oder auf einem Konkurrenzprodukt von Google oder Mozilla laufen. Einer besteht in der nicht standardkonformen Umsetzung von Web-Technologien durch Microsoft, so dass ein Update auf ein neueres Frontend zu Darstellungsproblemen führen kann. Der in Windows 7 installierte IE8 hält sich viel enger an die Web-Standards und enthält aus Kompatibilitätsgründen zusätzlich die Rendering-Engine des IE7. Er verhält sich im Quirks Mode sogar wie der IE5, nur eine explizite Kompatibilität mit dem IE6 kennt er nicht. Ein weiteres Problem sind Plugins, ActiveX-Controls und die IE6-spezifische Java Virtual Machine, falls eine Anwendung genau diese erfordert.
Abhängig davon, welches Hindernis zu beseitigen ist, werden Unternehmen versuchen, die Web-Anwendungen für den IE6 zu aktualisieren, so dass sie auch in modernen Browsern laufen. Während die Überarbeitung von HTML oder CSS keine übermäßige Arbeit bedeutet, kann sie bei Java, umfangreichen Javascript oder ActiveX-Controls die Schmerzgrenze überschreiten. Um den Aufwand absehen zu können, stellt Microsoft ein Dokument zur Verfügung, das alle Unterschiede zwischen dem IE6 und dem IE8 auflistet. Die schwierigsten Fälle sind Web-Anwendungen von externen Anbietern, die keine Ambitionen zeigen, ihre Produkte zu modernisieren.
Keine parallele Installation von IE6 und IE 8 möglich
Solche Fälle können Anwender zwingen, eine Lösung für die Weiterverwendung des IE6 unter Windows 7 zu finden. Diese wird dadurch erschwert, dass der Microsoft-Browser als Teil des Betriebssystems gilt und deshalb einen besonderen Status hat. Dieser verhindert die naheliegendste Lösung, nämlich den IE6 parallel zum IE8 zu installieren.
Obwohl man nun unter Windows 7 den IE8 deinstallieren kann, lässt sich anschließend der IE6 trotzdem nicht aufspielen. Damit scheitert auch die Möglichkeit, den IE6 für alte Anwendungen zu nutzen und für alle anderen Websites einen Browser eines anderen Herstellers zu verwenden.
IE6 über Terminaldienste bereitstellen
Microsoft sieht zwei Möglichkeiten vor, um den IE6 zu virtualisieren. Die erste beruht auf den Terminaldiensten, um den IE6 auf dem Server auszuführen und auf dem Client nur anzuzeigen, so dass keine Versionskonflikte auftreten. Allerdings ist der Internet Explorer 6 nicht mit Windows Server 2008 (R2) kompatibel, so dass für dieses Modell ein Windows Server 2003 (R2) erforderlich ist.
Ein Nachteil dieses Ansatzes besteht darin, dass es keine definierbare Zuständigkeit des lokalen IE8 und des entfernten IE6 für bestimmte URLs gibt. Ideal wäre es aus Benutzersicht, dass alte Anwendungen automatisch im IE6 starten, alle anderen im IE8. Microsoft schlägt als Behelfslösung vor, im IE6 (auch aus Sicherheitsgründen) mit Hilfe von Content-Filtering alle URLs mit Ausnahme der Legacy-Anwendungen zu sperren. Dieses Video zeigt den relativ aufwändigen und umständlichen Prozess, der trotzdem nur zu einem mäßigen Benutzererlebnis führt.
IE6 in virtueller Maschine ausführen
Diese von Microsoft favorisierte Lösung benötigt ein komplettes Windows XP, das in einer lokalen VM unter Virtual PC läuft. Für kleinere Installationen eignet sich dafür der XP Mode, während Microsoft für eine größere Zahl von PCs MED-V empfiehlt. Das Tool bietet ein zentrales Management und erlaubt auch, bestimmte URLs dem virtualisierten Browser zuzuordnen, während für die anderen der Standard-Browser zuständig ist.
Diese Lösung ist für die Anwender zwar transparent, besonders weil sie dank RemoteApp nur das Browser-Fenster und nicht den ganzen XP-Desktop sehen. Allerdings scheint der Aufwand zu groß, ein komplettes Betriebssystem in einer virtuellen Maschine zu betreiben, nur um eine einzige Anwendung zur Verfügung zu stellen. Schließlich muss es wie eine physikalische Installation ständig gewartet werden. Hinzu kommt ein überproportionaler Ressourcenverbrauch.
Anwendungsvirtualisierung: technisch ideal, aber unzulässig
Die Technik schlechthin zur Beseitigung von Konflikten zwischen Programmen und verschiedenen Versionen einer Software ist die Applikationsvirtualisierung. Derartige Tools isolieren die Anwendungen vom Betriebssystem und fangen Zugriffe auf die Registrierdatenbank oder das Dateisystem ab, so dass sie Windows nicht verändern können.
Mehrere Hersteller unterstützen mit ihren Tools die Virtualisierung des IE6 und beschreiben, wie man sie realisiert (Symantec, VMware). Allerdings unterstützt Microsoft das parallele Ausführen mehrere Versionen des Internet Explorer nicht und nennt dabei auch Lösungen zur Anwendungsvirtualisierung. Gartner-Analyst Neil McDonald berichtet, dass Microsoft US-Kunden explizit vor Verstößen gegen die EULA gewarnt habe:
In addition, the terms under which Windows and IE6 are licensed do not permit IE6 “application” virtualization. Microsoft supports and licenses IE6 only for use as part of the Windows operating system, not as a standalone application.
Microsoft hält an einer Position fest, die es auch in den verschiedenen Kartellverfahren vertreten hat, nämlich dass der IE ein Teil des Betriebssystems sei und keine eigenständige Anwendung. Daher darf sie nicht virtualisiert werden, selbst wenn sich technisch diese Sicht durch die Applikationsvirtualisierung widerlegen lässt.
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