Tags: Lizenzierung, Virtualisierung, Windows Server 2008 R2
Die alten Hardware-bezogenen Lizenzmodelle sind mit Virtualisierung schwer vereinbar, weil diese versucht, IT-Ressourcen möglichst flexibel einzusetzen und Workloads von ihrer Bindung an eine bestimmte Hardware zu lösen. Microsoft versteht sich als Vorreiter einer virtualisierungsfreundlichen Lizenzierung, die bei Windows Server eine zusätzliche Ausführung virtueller Instanzen zulässt. Wenn man jedoch fortgeschrittene Funktionen wie Live Migration bzw. VMotion nutzt, dann fordern überkommene Lizenzbestimmungen einen erheblichen Tribut vom Anwender.
Nichtstun kann sich lohnen, wenn alte Regeln helfen, den Gewinn aus neuen Entwicklungen überproportional abzuschöpfen. Das gilt nicht nur für die so genannte kalte Steuerprogression, sondern auch für Hardware-basierte Lizenzen. Am eindringlichsten zeigt dies Oracle, indem es auch dann die volle Leistung einer Maschine zur Grundlage für die Lizenzkosten nimmt, wenn die Datenbank in einer VM läuft und nur einen Teil der Prozessorkapazität beansprucht (siehe das PDF zu Hard- und Soft-Partitioning). Microsoft zeigt sich in dieser Hinsicht flexibler, indem es beim SQL Server 2012 eine Core-abhängige Lizenzierung zulässt - auch wenn die Bedingungen gewohnt kompliziert sind.
Anzahl virtueller Instanzen abhängig von der Edition
Windows Server 2008 R2 trägt der Virtualisierung Rechnung, indem es je nach Edition die Ausführung zusätzlicher Instanzen des Betriebssystems in VMs erlaubt. Bei der Standard Edition darf man neben der Installation in der Parent Partition von Hyper-V noch eine VM betreiben, verwendet man einen anderen Hypervisor, dann bleibt es insgesamt bei einer VM. Die Enterprise Edition räumt das Recht auf 4 virtuelle Installationen ein, die Datacenter Edition eine unbegrenzte Zahl. Letztere erfordert dafür jedoch eine Abrechnung nach Prozessoren.
Beschränkung der VMs auf einen Host
Eine Unklarheit, die Anwender auch in Foren beschäftigt, betrifft die Nutzungsmöglichkeiten der virtuellen Instanzen von Windows Server. Sie müssen allesamt auf jener Maschine laufen, der die Lizenz des Betriebssystems zugewiesen wurde. Diese ist nach wie vor an eine bestimmte Hardware gebunden, von der sie bei Volumenlizenzen nur nach einer Frist von 90 Tagen gelöst und auf einen anderen Rechner übertragen werden kann (OEM-Lizenzen gar nicht). Eine Aufteilung der VMs auf mehrere Rechner ist also nicht zulässig, indem man zum Beispiel 2 VMs einer Enterprise Edition auf Host A und 2 weitere auf Host B laufen lässt.
VMs dürfen uneingeschränkt umziehen
Zu den Erleichterungen für die Nutzung von Windows Server in virtualisierten Umgebungen gehört, dass jene Instanzen, die in VMs laufen, nicht durch die 90-Tage-Frist an einen physikalischen Server gebunden sind. Das Dokument Licensing Microsoft Windows Server 2008 to Run with Virtualization Technologies" (MS-Word) stellt fest:
"For Windows Server software, except in a few cases (see “Assignment of Licenses” above), licenses may only be reassigned to new hardware after 90 days. This, however, does not restrict the dynamic movement of virtual OSEs between licensed servers. As long as the servers are licensed and do not simultaneously run more instances than the number for which they are licensed, you are free to use VMotion and System Center Virtual Machine Manager to move virtualized instances between licensed servers at will."
Gleiche Kosten für Live Migration wie für parallele Ausführung
Der zweite Teil des Zitats stellt allerdings klar, dass diese Freiheit in einem engen lizenzrechtlichen Korsett steckt. Vor einer Live Migration oder vor VMotion müssen dem Quell- und Ziel-Host die jeweils erforderlichen Hardware-abhängigen Lizenzen zugewiesen worden sein. Die von Host zu Host wandernden Bits und Bytes einer bestimmten VM müssen also auf jedem Rechner eine separate Lizenz vorfinden, obwohl nie mehr als eine Instanz aktiv ausgeführt wird. Jeder Server erfordert dabei derart dimensionierte Lizenzen, dass die maximale Zahl der jemals gleichzeitig darauf laufenden VMs abgedeckt ist.
Beispiele
Insgesamt 4 VMs mit Windows Server 2008 R2 sollen unter vSphere automatisch mittels DRS zwischen 4 Hosts bewegt werden, wobei auch der Fall eintreten kann, dass alle 4 VMs gleichzeitig auf einem Server laufen. Dieses Szanario erfordert die Anschaffung von 4 Enterprise Editions, obwohl diese eigentlich auf den 4 Hosts die Ausführung von insgesamt 16 Instanzen von Windows Server zulassen würde.
Noch extremer wäre der Fall einer einzigen VM mit Windows Server, die zwischen 10 Hosts wandern kann. Dafür würde man 10 Lizenzen der Standard Edition benötigen. Das Recht auf die dynamische Nutzung von IT-Ressourcen wird hier lizenzrechtlich gleich behandelt wie die tatsächliche parallele Ausführung aller zulässigen Instanzen.
Besser vTax als an Hardware gebundene Lizenzen
Im Vergleich dazu wirken die neuen auf vRAM basierenden Lizenzen von vSphere 5 wesentlich virtualisierungsfreundlicher. Microsoft hatte Proteste gegen die Änderungen der VMware-Lizenzbedingungen als vTax propagandistisch ausgeschlachtet. Eine msTax, die nach dem Vorbild von VMware die Nutzung von Windows Server in VMs nach CPUs und vRAM abrechnet, wäre gegenüber der kalten Progression durch Hardware-gebundene Lizenzen jedoch ein erheblicher Fortschritt.
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1 Kommentar
Guter Artikel, einfach erklärt - super! Eine Anmerkung hätte ich aber noch, das Problem mit den 90 Tagen kann durch die Lizenzierung mit der Datacenter Edition behoben werden.
Bei 4 resp. 10 Hosts könnte dies entsprechend angeschaut werden.
Grüsse
Michel