Microsoft hält nicht viel vom Client-Hypervisor, VMware auch nicht mehr


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    Microsoft zu XenClientDie bevorstehende Fertigstellung des Client-Hypervisors XenClient war das wichtigste Thema auf der Citrix-Konferenz Synergy. Damit ist Citrix der erste größere Hersteller einer solchen Virtualisierungs-Software, die direkt auf die Client-Hardware aufsetzt (nach kleineren Anbietern wie Virtual Computer und Neocleus). Neben Hardware-Partnern wie HP war auch Microsoft eingeladen, ein paar freundliche Worte zum großen Ereignis zu verlieren. Aber wenn ein Typ-1-Hypervisor am Client eine so bahnbrechende Technologie ist, warum gibt es sie dann nicht von Microsoft?

    Das Beispiel VMware zeigt, dass Microsoft zwar manchmal verspätet, aber energisch gegen alle Versuche angeht, die Bedeutung des Betriebssystems zu schmälern, etwa indem sich eine Softwareschicht zwischen die Hardware und Windows legt. Noch mehr als auf den Server müsste das für den Desktop gelten, den Microsoft mit seinem Monopol beherrscht und aus dem es einen Löwenanteil seiner Einkünfte zieht.

    Höfliche Beschreibung der Irrelevanz von XenClient

    Nun haben Citrix und VMware schon vor geraumer Zeit einen Client-Hypervisor angekündigt, ohne aber Microsoft damit zu eigenen Aktivitäten zu bewegen. Die offizielle Position, die etwa Chief Client Architect Mark Russinovich vertritt, sieht keinen Bedarf für einen Typ-1-Hypervisor am Client. Umso interessanter war, wie die Glückwünsche an den engen Partner Citrix ausfallen würden, dem man eine höfliche Adresse nicht ausschlagen konnte, aber ohne damit die eigene Position zu verleugnen. Es bedarf keiner übermäßigen Interpretationkünste, um zu erkennen, dass General Manager Gavriella Schuster die Bedeutung von XenClient möglichst kleinredet (ab ca. 01:06:00):

    "Client-Hypervisor sind eine sehr neue und gerade entstehende Technologie, welche die heute vorherrschenden Lösungen zur Desktop-Virtualisierung bei sehr speziellen Einsatzgebieten ergänzen wird, nämlich wo eine zweite vollständig isolierte virtuelle Maschine die erwünschte Konfiguration ist. XenClient liefert diese spezifische Lösung für unsere Kunden, wenn sie benötigt wird, indem sie ihnen die Ausführung einer zweiten vollständig isolierten virtuellen Maschine auf einem firmeneigenen Notebook ermöglicht. Sie bietet dabei ein großartiges Benutzererlebnis, weil sie von Standard-Windows-Treibern und dem standardmäßigen Windows Quality Testing profitiert."

    Die Microsoft-Managerin spielt hier auf 3 Aspekte an: zum einen auf die Architektur von XenClient, die dem Windows-Gast mit seinen Treibern den Durchgriff auf die Hardware erlaubt (im Gegensatz zum Konzept der weitgehenden Hardwareabstraktion, die VMware für seine Client Virtualization Platform ankündigte); zum anderen betont sie den Einsatz auf firmeneigenen Notebooks, weil sich der XenClient zwar zur Realisierung von Bring your own Computer (BYOC) eignet, aber nicht für externe Mitarbeiter. In ihrem Fall ist die notwendige Neuinstallation des Rechners meistens keine Option.

    Und schließlich erinnert sie mit dem zweifachen Hinweis auf die vollständig isolierten VMs daran, dass bei Typ-2-Lösungen wie Virtual PC oder VMware Workstation normalerweise eine Integration von Host- unf Gastsystem erwünscht ist, um das Benutzererlebnis zu verbessern (Copy & Paste zwischen den Systemen, gemeinsame Verzeichnisse für den Datenaustausch).

    VMware rückt vom Typ-1-Hypervisor ab

    In die gleiche Kerbe haut nun überraschenderweise der Erzrivale VMware, der ja selbst einen Typ-1-Hypervisor ankündigte. Dessen Fertigstellung verzögert sich jedoch immer weiter, ein Lieferdatum steht nicht fest. Derweil macht sich VMware in seltener Übereinstimmung mit Microsoft für einen gehosteten Virtualisierer (Typ 2) stark. Ein solcher soll unter der Bezeichnung Local Mode mit VMware View 4.5 ausgeliefert werden und die Technik von VMware Workstation nutzen.

    VMware-Blogger Robert Baesman nennt für diesen Ansatz ähnliche Argumente, die Gavriella Schuster zwischen den Zeilen anführt:

    • Nicht-destruktive Installation auf bestehenden Maschinen, weil der Local Mode in ein Host-Betriebssystem und nicht wie XenClient auf die blanke Hardware installiert wird
    • Gutes Benutzererlebnis durch Unterstützung von 3D DirectX9c, Geräten wie Webcams und VOIP sowie Aeroglass unter Windows 7
    • Große Auswahl an Client-Hardware
    • Entkopplung der Update-Zyklen von Windows und der Hardware

    Nach dem inszenierten Rummel um den XenClient lässt sich sein Potenzial derzeit sehr schwer abschätzen. Als fehlendes Offline-Glied in der VDI-Kette ist er nicht die einzige Option, dafür eignen sich auch Typ-2-Hypervisor wie Local Mode. Ob VMware seine Typ-1-Implementierung jemals ausliefert, bleibt angesichts der Reaktion auf XenClient abzuwarten.

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    Bild von Wolfgang Sommergut
    Wolfgang Sommergut hat lang­jährige Erfahrung als Fach­autor, Berater und Kon­ferenz­sprecher zu ver­schie­denen Themen der IT. Da­ne­ben war er als System­ad­mi­ni­stra­tor und Con­sultant tätig.
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