Red Hat Enterprise Linux 6: KVM statt XEN, Numa, RAS, Power-Management


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    Neue Virtualisierungsfunktionen von RHEL 6Nach einem Entwicklungsaufwand von 600 Mannjahren stellte Red Hat sein Enterprise Linux (RHEL) 6 fertig. Der größte Teil der Neuerungen betrifft klassische Tugenden eines Server-Betriebssystems, wie höhere Performance, Skalierbarkeit und Verfügbarkeit. Viele Fortschritte wurden durch die Unterstützung der neuesten Hardware-Features der x86-Systeme erzielt. Bei der Server-Virtualisierung vollzieht Red Hat den erwarteten Schwenk von Xen zu KVM, Xen ist in der Version 6 nicht mehr dabei.

    Auch wenn Betriebssysteme immer mehr vom Hypervisor und Applikations-Frameworks in die Zange genommen werden und damit an Bedeutung einbüßen, fährt Red Hat einen Kurs, der sich besonders gegen die Unix-Systeme im oberen Leistungssegment richtet. Deren Marktanteil hat sich zwar in der letzten 10 Jahren ungefähr halbiert, dennoch scheint es für Red Hat lukrativ, von der Ablösung dieser Systeme durch Commodity-Hardware zu profitieren.

    Zusätzliche RAS-Funktionen für das High End

    Um in diesem Leistungssegment mitspielen zu können, legt RHEL 6 in puncto Skalierbarkeit, Verfügbarkeit (Reliability, Availability and Serviceability = RAS) und Performance zu. Zu den wichtigsten Verbesserungen zur Bewältigung hoher unternehmenskritischer Arbeitslasten zählen:

    • Unterstützung für bis zu 4096 CPUs und 64 TB RAM
    • Volumes mit bis zu 16 TB (ext4) beziehungsweise bis zu 100 TB (XFS)
    • Hot Add von CPU-Boards, RAM, PCI-Karten und Compute-Nodes (Module mit Prozessor, RAM und I/O-Komponenten)
    • Markierung von defekten Speicherbereichen, die für die weitere Verwendung gesperrt werden
    • Automatischer Neustart von Cluster-Knoten nach einem Ausfall

    Performance-Gewinne von RHEL 6 dank NUMADie von Red Hat reklamierten Performance-Verbesserungen bei SMP-Maschinen geht vor allem auf die Unterstützung von NUMA auf AMD/Intel-Maschinen zurück, einer von Unix-RISC-Servern bekannten Technik, die nun auch in den Nehalem-Prozessoren zu finden ist. Das Non Uniform Memory Access erreicht eine höhere Geschwindigkeit beim Speicherzugriff, indem es jedem Prozessor separates RAM zuweist und so bremsende Zugriffskonflikte zwischen den CPUs vermeidet. RHEL 6 ist in dieser Hinsicht kein Vorreiter, beispielsweise unterstützen auch Microsoft und VMware NUMA in Windows Server 2008 R2 beziehungsweise ESX(i) 4.1.

    Green IT mit Power-Management

    Im Zeitalter von Virtualisierung und Private/Public Cloud ist eine Reduktion des Energieverbrauchs nicht nur eine ökonomische Frage, sondern immer mehr eine Voraussetzung für einen effizienten Betrieb von Rechenzentren. Eine große Zahl von eng gepackten Servern kann nicht nur ein Übermaß an Abwärme entwickeln, sondern in manchen Regionen (manche Innenstädte) an die Grenzen des Energieversorgers stoßen.

    RHEL 6 bringt unter anderem folgende Neuerungen für das Power-Management:

    • CPU- und Core-Idling schaltet in nicht ausgelasteten SMP-Maschinen einzelne Prozessoren oder Rechnerkerne herunter;
    • dynamische Leistungsregelung für SATA und PCI auf Basis von ASPM und ALPM;
    • die Integration des tickless Kernel erlaubt längere Energiesparmodi
    • das Dateisystem unterstützt ein intelligentes Drive-Spin-down, also bei Bedarf eine geringe Umdrehungszahl von Festplatten.

    Virtualisierung: KVM ersetzt XEN

    Red Hat verfolgt bei der Virtualisierung einen ähnlichen Ansatz wie Microsoft und betrachtet den Hypervisor als eine Erweiterung des Betriebssystems. Vergleicht man Xen mit KVM, dann besteht der wesentliche Unterschied darin, dass Xen eine eigenständige Virtualisierungsschicht ist, während KVM als Kernel-Erweiterung konzipiert wurde, die ein Linux-Distributor leichter pflegen und in sein System integrieren kann. Red Hat wurde nach dem Kauf von Qumranet, dem ursprünglichen Entwickler von KVM, zur treibenden Kraft für den Umstieg auf den neuen Hypervisor. Novell agiert zwar vorsichtiger und wirft Xen noch nicht über Bord, liefert SLES aber ebenfalls mit KVM aus. Insgesamt schwindet die Unterstützung für Xen, weil auch Firmen wie IBM oder Intel ihre Engagement einstellen bzw. reduzieren.

    Red Hat bringt in der Version 6 seines Enterprise Linux vor allem Verbesserungen in der Basistechnologie. Zum einen nutzt es auch hier die neusten Funktionen der x86-Hardware, die dazu beitragen, den Virtualisierungs-Overhead zu reduzieren und Performance-Verluste durch den Hypervisor zu minimieren.

    Zu den wichtigsten Neuerungen zählen:

    • bis zu 64 CPUs und 256 GB RAM pro Gast;
    • Unterstützung für I/O-Virtualisierung (primär Netzwerk) auf Basis von SR-IOV;
    • Samepage Merging, bei sich mehrere Gäste identische Speicherseiten teilen, so dass nur eine Instanz vorgehalten werden muss (entspricht dem Transparent Page Sharing von VMware Esx(i));
    • zusätzliche Isolierung der VMs durch SeLinux;

    Die Umstellung des zentralen Verwaltungswerkzeugs Virtualization Manager von .NET auf Java zieht sich noch länger hin, die Portierung wird frühestens 2011 abgeschlossen. Für Januar ist ein Zwischen-Release geplant, das aber noch unter Windows läuft.

    Während RHEL 6 beim Hypervisor zur etablierten Konkurrenz aufschließt, kann Red Hat derzeit nicht annähernd mit dem Funktionsreichtum von vSphere mithalten. So fehlt es etwa an einem virtuellen Switch oder Gegenstücken zu VMsafe (Schnittstellen zur Inspektion von VMs durch Security-Software) oder vShield Zones, ganz zu schweigen von Tools wie vCloud Director zur Partitionierung der Rechenzentren in virtuelle Datacenter. VMware hat hier nicht nur einen Vorsprung aufgrund des eigenen umfangreichen Portfolios, sondern auch wegen der Unterstützung durch viele Partner.

    Neue Kostenstruktur bei Support-Verträgen

    Red Hat verkauft bekanntlich keine Lizenzen, sein Geschäft beruht auf dem Abschluss von Support-Verträgen. Hinsichtlich Preis und Vertragsbedingungen existieren aber durchaus Ähnlichkeiten mit dem Lizenzgeschäft. In der Version 6 beseitigt Red Hat einige bisher vorhandene Inkonsistenzen, etwa abweichende Preise für RHEL als Gastsystem abhängig vom verwendeten Hypervisor.

    Die aktuellen Preise orientieren sich an der Zahl der Prozessor-Sockel sowie jener der Gastsysteme. Red Hat nimmt Sockel-Paare zur Grundlage und verknüpft damit die Zahl der maximal zulässigen VMs. Für eine derartige Kombination kann dann zwischen 3 Arten von Support-Verträgen gewählt werden: Self Service (bisher Basic), Standard und Premium.

    So kostet beispielsweise ein Basic-Vertrag für eine 2-Wege-Maschine mit 1 virtuellen Instanz pro Jahr 349 Dollar, für 3 Jahre 995 Dollar. Sollen wie auf virtualisierten Servern wie üblich mehrere Gastsysteme ausgeführt werden, dann bietet Red Hat entweder bis zu 4 oder unbegrenzt viele VMs. Für beide Varianten stehen nur mehr die Vertragstypen Standard und Premium zur Verfügung, Self Service gibt es dafür nicht mehr. In der maximalen Ausstattung Premium plus unbegrenzt viele Gastsysteme fallen pro Jahr für ein Sockel-Paar 3249 Dollar an.

    Die Support-Verträge decken nur das Basissystem ab, für zusätzliche Features muss extra bezahlt werden. So kostet High Availability zusätzlich 399 Dollar pro Jahr und Sockel-Paar, der Load Balancer beläuft sich für die gleiche Konfiguration auf 199 Dollar pro Jahr.

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    Bild von Wolfgang Sommergut
    Wolfgang Sommergut hat lang­jährige Erfahrung als Fach­autor, Berater und Kon­ferenz­sprecher zu ver­schie­denen Themen der IT. Da­ne­ben war er als System­ad­mi­ni­stra­tor und Con­sultant tätig.
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