Tags: Applikations-Virtualisierung, Benutzerprofile, MDOP
Anwender erwarten, dass ihnen ihre persönliche Arbeitsumgebung überallhin folgt, egal wo sie sich anmelden. Diese Anforderung gewinnt dank vieler neuer Endgeräte und virtueller Desktops an Bedeutung. Microsoft bringt im Rahmen des MDOP ein neues Produkt namens UE-V ("User Experience Virtualization"), das diese Aufgabe erfüllen soll.
In den letzten Jahren hat sich ein ganzer Markt für Tools entwickelt, die Benutzern eine konsistente Umgebung auf verschiedenen Desktops und Geräten bieten sollen. Die Rede ist dabei von User Virtualization, Workspace- oder Persona-Management. Die Bandbreite der Lösungen reicht von der einfachen Profilverwaltung bis hin zu Produkten, die Anwendungen, Benutzerrechte und Lizenzen administrieren.
Kompensation für mangelhafte Windows-Funktionen
Diese Tools sind nicht nur aufgrund neuer Anforderungen an den Desktop entstanden, sondern vor allem auch deshalb, weil die Windows-eigenen Mittel für diesen Zweck nicht ausreichen. Es handelt sich dabei um Roaming Profiles, Ordnerumleitung und Offline-Dateien, die Microsoft unter Windows 7 moderat weiterentwickelt und neuerdings unter dem Begriff der User State Virtualization zusammengefasst hat.
Erste Informationen zu UE-V lassen erkennen, dass es sich dabei um keine Alternative zu den großen Lösungen wie RES Workspace Manager oder Appsense handelt, sondern dass die Software nur benutzerspezifische Einstellungen zwischen verschiedenen Instanzen von Windows synchronisieren soll.
Agent synchronisiert Einstellungen mit Backend
UE-V benötigt zu diesem Zweck einen Agent auf jeder Maschine, die in die Synchronisierung der individuellen Konfigurationen einbezogen werden soll. Er überträgt Änderungen in den Einstellungen von Windows oder von Applikationen an einen zentralen Speicherort, also typischerweise auf das Home-Verzeichnis des Users auf einem File-Server. Der Agent lässt sich über GPOs auch so einrichten, dass er jedes beliebige Netzlaufwerk verwendet.
Kürzere Anmeldezeiten
Im Unterschied zu Roaming Profiles überträgt UE-V nicht sämtliche Einstellungen beim An- und Abmelden des Benutzers, sondern abhängig von bestimmten Aktionen. Im Fall des Betriebssystems ist dies weiterhin das Logon oder Logoff des Users beziehungsweise das Sperren und Entsperren des Bildschirms sowie das Verbinden mit oder das Trennen von einer RDS-Session. Bei Anwendungen wird UE-V erst aktiv, wenn sie der Benutzer startet (um die Einstellungen zu laden) oder sie beendet (um die Änderungen zentral zu speichern). Damit reduzieren sich die Wartezeiten beim An- und Abmelden am System.
Synchronisierung mit virtualisierten Anwendungen
Ein besonderes Feature von UE-V besteht darin, dass es Konfigurationen zwischen herkömmlich installierten Anwendungen und solchen abgleichen kann, die mit App-V virtualisiert wurden. Erstere speichern ihre Einstellungen normalerweise im Benutzerprofil, App-V verwaltet sie dagegen selbst innerhalb der Anwendungspakete.
Ein weiterer Unterschied zu Server-gespeicherten Profilen besteht darin, dass UE-V die Konfigurationsdaten nicht pauschal synchronisiert, sondern nur solche, die explizit vom Administrator ausgewählt werden. Die Software verwendet zu diesem Zweck für jede Anwendung ein eigenes XML-basiertes Template, in dem vermerkt ist, wo im Dateisystem und in der Registry die Einstellungen abgelegt sind.
Roaming nur für ausgewählte Programme
Microsoft liefert in der Betaversion von UE-V solche Schablonen für Windows 7, Windows 8 Consumer Preview und Office 2010 mit. Um die Einstellungen weiterer Anwendungen zu synchronisieren, müssen Administratoren eigene Templates erstellen. Bei dieser Tätigkeit unterstützt sie ein Tool namens UE-V Generator. Dort muss man dem Wizard den Namen der ausführbaren Datei übergeben und dieser beobachtet alle Datei- und Registry-Zugriffe beim Starten und Beenden der Anwendung. Auf diese Weise ermittelt er, wo das Programm seine Konfiguration speichert.
Die anwendungsspezifische Verwaltung von Konfigurationsinformationen hat zudem den Vorteil, dass die Einstellungen für ein einzelnes Programm zurückgesetzt werden können, wenn der Anwender die Software durch Fehlbedienung in einen unbrauchbaren Zustand gebracht hat.
Kompatibel mit VDI und Offline-Betrieb
UE-V lässt sich nicht nur auf lokalen PCs nutzen, sondern auch auf Remote Desktop Sessions Hosts (Terminal-Server) und in virtuellen Desktops. Darüber hinaus ist es auch offline-fähig, indem es veränderte Einstellungen erst lokal speichert und nach Wiederherstellen der Netzverbindung die Daten mit jenen auf dem zentralen Speicherort abgleicht.
Insgesamt betritt Microsoft den Markt mit UE-V relativ spät, nachdem eine ganze Reihe von Herstellern seit Jahren die mangelhaften Windows-Mechanismen für das Roaming von Benutzereinstellungen durch unterschiedliche Lösungen ergänzen oder ganz ersetzen. Am ehesten lässt sich UE-V mit Flex Profiles von immidio vergleichen, nur mit dem Unterschied, dass Letzteres mehr Funktionen bietet und auch mit XP kompatibel ist.
Nur für Kunden mit Software Assurance
Die Integration in das MDOP sorgt zudem dafür, dass es Kunden mit Volumenlizenzen und einer aktiven Software Assurance vorbehalten bleibt. Sie können die gesamte Tools-Sammlung auf Basis eines Abo-Modells erwerben, bei dem pro Desktop eine jährliche Gebühr zu entrichten ist. Für dieses Vorgehen spricht aus der Sicht von Microsoft, dass eine Software wie UE-V vor allem dann benötigt wird, wenn Unternehmen virtuelle Desktops einsetzen. Sie sind dann ohnehin gezwungen, eine Software Assurance abzuschließen, wenn sie den Erwerb einer VDA vermeiden möchten. Damit bringen sie die wichtigste Voraussetzung für MDOP mit.
Auf der anderen Seite ist schwer nachzuvollziehen, dass Microsoft die defizitären Mechanismen für das Roaming der Benutzereinstellungen auch in Windows 8 nicht wesentlich weiterentwickelt und gleichzeitig die lange erwarteten Verbesserungen in ein separates Produkt auslagert.
Täglich Know-how für IT-Pros mit unserem Newsletter
Ähnliche Beiträge