Tags: Thin Clients, Desktop-Virtualisierung
Hersteller von Thin Clients positionieren ihre Geräte seit vielen Jahren als kostengünstige und Strom sparende Alternative zu PCs. Trotzdem konnten sie nur vergleichsweise wenige Schreibtische in den Unternehmen erobern, ihre Anteil am Desktop-Markt blieb stets klar unter 20%. Angesichts der Wachstumsprognosen für Desktop-Virtualisierung (VDI) wittern die Anbieter nun Morgenluft und sehen eine Chance, aus der Citrix-/Terminal-Server-Nische auszubrechen. Doch der VDI-Trend hat eigene Gesetzmäßigkeiten, die Thin Clients nicht nur begünstigen.
Das aktuelle Gerangel um die besten Ausgangspositionen für den VDI-Markt zeigt, wie uneinig sich die Hersteller über das Konzept des Thin Client sind. Die Bandbreite der Geräte reicht von PC-artigen Clients mit üppiger Hard- und Softwareausstattung bis zum derzeit von einigen Anbietern propagierten Zero Client. Hier einige Überlegungen, wie sich die Verbreitung von virtuellen Desktops auf den Thin-Client-Markt auswirken könnte:
- Bisher dienten Thin Clients primär als Frontends für den Terminal-Server bzw. Citrix Presentation Server / Xenapp. Diese Formen des Server Based Computings (SBC) eignen sich vornehmlich für Aufgaben-orientierte Tätigkeiten, etwa in für CRM-Anwendungen im Call Center. Da VDI ein SBC-Modell ist, das jedem Anwender eine eigene Windows-Installation zur Verfügung stellt und mit traditionellen Desktops vergleichbare Möglichkeiten bieten kann, erweitert sich der potenzielle Nutzerkreis von Thin Clients auf Wissensarbeiter.
- In den bisherigen Nutzungsszenarien beziehen die Clients häufig nur einzelne Anwendungen über den Citrix-Server, so dass die Endgeräte selbst über ein eingebettetes Betriebssystem den Desktop bereitstellen müssen. In VDI-Umgebungen entfällt diese Anforderung weitgehend, da auf die gesamte Arbeitsumgebung remote zugegriffen wird.
- Aufgrund der langsamen Fortschritte von RDP konnten sich Thin-Client-Anbieter durch Erweiterungen für das Microsoft-Protokoll von der Konkurrenz abheben, um das Benutzererlebnis zu verbessern. Der Einstieg großer Hersteller mit ihren R&D-Budgets in den VDI-Markt führt zu raschen Fortschritten bei den Remoting-Protokollen. Entscheidend ist dabei vor allem Microsofts RemoteFX, das sich aller Voraussicht nach zum De-facto-Standard entwickeln wird. Es verbessert nicht nur die Darstellung von grafikintensiven Programmen, sondern erlaubt das Durchreichen praktisch aller lokalen USB-Geräte an den entfernten Desktop. In der Vergangenheit implementierten Thin Clients solche Features selbst, zukünftig besteht dafür kein Bedarf mehr.
- Angesichts der Marktmacht hinter den führenden VDI-Lösungen werden Hersteller wie Pano Logic auf Dauer kaum mit einem proprietären Remoting-Protokoll und einem VDI Light bestehen können. Die Anbieter der VDI-Infrastrukturen lassen den Thin-Client-Herstellern in diesen Bereichen kaum Differenzierungsmöglichkeiten.
- In preiswerten Nettops mit Strom sparenden ATOM-Prozessoren erwachsen herkömmlichen Thin Clients neue Konkurrenten, die sich etwa als "gehärtete" Windows-PCs einsetzen lassen und damit als Endgeräte fungieren, die der Endbenutzer nicht modifizieren kann. Thin-Client-Anbieter wie IGEL, die sich vor allem auch als Softwarefirmen verstehen, können ihr (Linux-)Betriebssystem jedoch für diese Schmalspur-PCs anpassen und sie in ihre Management-Lösungen einbeziehen.
- Thin Clients mit Unterstützung für zahlreiche Protokolle und Software-Clients dienen heute als Integrationspunkte in heterogenen Umgebungen, etwa für den parallelen Zugriff auf Citrix, Unix oder IBM-Midrange-Systeme mittels 5250-Emulation. Zukünftig könnten die Fäden aber im virtuellen Desktop zusammenlaufen, indem die nötigen Client-Komponenten dort installiert werden.
- Der universelle Thin Client mit lokal installiertem Betriebssystem muss zukünftig deutlich höhere Hardwarevoraussetzungen erfüllen, wenn das OS von Microsoft kommt. Windows 7 embedded verlangt schon in der Standard Edition 1 bzw. 2 GB RAM und 7 GB Plattenplatz bzw. Flash-Speicher. Gleichzeitig verliert Windows CE rasant Marktanteile und kommt für neue Generationen von Thin Clients immer weniger in Frage. Linux dagegen bietet Herstellern hingegen die Chance, angepasste Images mit den tatsächlich benötigten Funktionen zusammenstellen.
Insgesamt zeichnen sich zwei gegenläufige Entwicklungen ab: Der potenzielle Markt für Thin Clients wird durch die Desktop-Virtualisierung deutlich größer, gleichzeitig sieht es so aus, als würden die Möglichkeiten zu Wertschöpfung und Differenzierung geringer, weil die VDI-Infrastrukturen die wichtigsten Anforderungen selbst abdecken.
Hinzu kommt, dass die stark steigende Rechenleistung von Servern und neue Grafik-Hardware, die für RemoteFX ausgelegt ist, das Rendering auf dem Host auch für Videos zum Normalfall macht. Wenn zusätzlich 1GBit-Ethernet zur gängigen Ausstattung in Unternehmen wird, dann scheitert die Übertragung der anfallenden Datenmengen auch nicht mehr an fehlenden Bandbreiten.
Daher ist denkbar, dass in einigen Jahren dumme RemoteFX-fähige Endgeräte für die meisten Umgebungen ausreichen. Sie beschränken sich ähnlich wie heutige Zero Clients oder USB-to-Graphics-Adapter beim Multipoint-Server darauf, Tastatur- und Bildschirmkabel virtuell bis zum Server zu verlängern. Hinzu käme noch die Decodierung von Grafikdaten über eine billigen ASIC.
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