Tags: Applikations-Virtualisierung, Desktop-Virtualisierung, RDS
VMware aktualisiert seine Suite für das End User Computing, in deren Zentrum die VDI-Lösung Horizon View steht. In der Version 6 beschränkt sich der Hersteller jedoch nicht mehr auf virtuelle Desktops, sondern integriert auch RD Session Hosts. Die neuen Funktionen können wie Citrix XenApp nun über PCoIP bzw. HTTPS/HTML5 Sitzungs-basierte Desktops oder einzelne Anwendungen bereitstellen.
Auf dem Höhepunkt des VDI-Hypes vor ein paar Jahren sah es so aus, als wäre der Terminal-Server ein Auslaufmodell, das die meisten Unternehmen früher oder später durch virtuelle Desktops ersetzen würden. Doch RD Session Hosts erlauben mehr User pro Host und haben geringere Storage-Anforderungen als VDI, so dass sie zusammen mit den niedrigeren Lizenzkosten deutliche wirtschaftliche Vorteile bieten.
Mobility-Trend arbeitet für App-Publishing
Wo es keine zwingenden Gründe für virtuelle Desktops gibt, sprechen nicht nur Kostenargumente für Terminal-Server. Auch die zunehmende Nutzung von mobilen Geräten favorisiert den Klassiker des Server-based Computing, weil man auf den relativ kleinen Displays von Smartphones und Tablets meistens keinen Desktop, sondern Zugriff auf einzelne Windows-Anwendungen bekommen möchte.
Die Renaissance der Terminaldienste zeigte sich auch in der Kehrtwende von Citrix, das XenApp in XenDesktop 7 aufgehen und als eigene Marke verschwinden ließ. Sie feierte kürzlich mit XenApp 7.5 ihre Rückkehr, auch wenn sie nach der Migration auf die Flexcast-Architektur weniger Features bietet als noch XenApp 6.5. Trotz dieser unglücklichen Produktstrategie war Citrix aber stets in der Lage, über seine Plattform je nach Bedarf Session-basierte Desktops, einzelne Anwendungen oder virtuelle Desktops bereitzustellen.
VMware konnte bisher zwar ebenfalls Session Hosts in seine VDI-Umgebung integrieren, jedoch nur auf Basis von RDP und ohne ein übergreifendes Management. Auch die Bereitstellung von einzelnen Anwendungen mittels ThinApp ist kein Ersatz für eine adäquate RDS-Unterstützung, weil die solcherart virtualisierten Programme nur auf Windows-Clients laufen.
Session-basierte Desktops und RemoteApp
Horizon 6 beendet nun diesen Zustand, indem es Sitzungen und RemoteApp mit PCoIP bzw. Blast mit den gleichen Protokollen überträgt wie virtuelle Desktops. Blast basiert auf HTTPS sowie HTML5 und diente bisher dazu, einen Browser-Zugriff auf virtuelle Desktops zu erlauben. Nun lassen sich auf diesem Weg auch einzelne Anwendungen von RD Session Hosts abrufen, wobei dieser Mechanismus im Vergleich zu PCoIP einige wesentliche Limitierungen hat.
Irritierend wirkt jedoch, dass das VMware-Marketing ähnlich wie Citrix mit HDX nun Blast als umfassenden Begriff für alle möglichen Features verwendet. So findet sich etwa in Blast Adaptive UX nicht nur das HTML5-Protokoll, sondern auch PCoIP. Blast Local Access beschreibt die Möglichkeit, aus entfernten Anwendungen und Desktops auf lokale (USB-)Geräte zuzugreifen, was über Web Access aber gar nicht funktioniert.
VMware bietet native Clients für Windows, Mac OS, iOS und Android. Für die nahtlose Integration von RemoteApp in den Desktop von Macs und Windows-PCs griff der Hersteller nach eigenem Bekunden auf Technologien zurück, die er für den Unity-Modus von VMware Workstation und Fusion entwickelt hat.
Zur gemeinsamen Infrastruktur für VDI und Session-basierte Anwendungen gehört auch ein Connection Broker. Er verbindet die Benutzer sowohl mit ihren virtuellen Desktops als auch mit RemoteApp und Sitzungs-basierten Desktops. Die Administration beider Welten erfolgt durchgängig über vCenter Operations.
Ablösung von XenApp als Ziel
VMware zieht also mit seinem Konkurrenten Citrix bei einem wichtigen Feature gleich, das viele Firmen als ein wesentliches Kriterium für die Kaufentscheidung erachten. Und das passiert zu einem für Citrix ungünstigen Zeitpunkt, weil seine Kunden bei einem Wechsel auf Windows Server 2012 von XenApp 6.5 auf 7.5 migrieren müssen. Der damit notwendige Umstieg auf die Flexcast-Architektur gilt als ähnlich aufwändig wie der Wechsel auf ein Produkt eines anderen Herstellers.
VMware kalkulierte diesen Umstand bereits ein und sieht den Umzug von Apps, die per XenApp veröffentlicht werden, auf Horizon 6 vor. Erleichtert soll dieser Prozess durch die Koexistenz mit dem Konkurrenzsystem werden, wobei Horizon Workspace hier eine zentrale Rolle spielt. Dieses Portal für Endbenutzer kann neben ThinApp-, RDS- und Web-Anwendungen auch solche in den Katalog aufnehmen, die über XenApp 5 oder höher veröffentlicht wurden. Wie bei den anderen Programmen unterstützt es das SSO mit Citrix, so dass eine zusätzliche Anmeldung der Benutzer entfällt.
Neben einem solchen Parallelbetrieb sieht Horizon 6 explizit die Migration von XenApp-Anwendungen vor. Der Administrator gibt zu diesem Zweck den XenApp-Server an und die Software liest von dort automatisch die Liste der veröffentlichten Anwendungen aus, die anschließend über Horizon 6 bereitgestellt werden.
Weitere Neuerungen
Neben App-Publishing und RDS-Support bietet Horizon 6 nun offiziell die Unterstützung für Virtual SAN. Dieses Storage-Feature von vSphere 5.5 ist seit einigen Wochen verfügbar und soll helfen, die Speicherkosten für virtuelle Desktops zu senken.
In puncto Systemverwaltung bietet die neue Version ein gemeinsames Image-Management für virtuelle und physikalische Desktops, wobei mit Letzteren solche gemeint sind, die über Horizon Mirage verteilt werden. Nach der Übernahme des DaaS-Providers Desktone sieht VMware nun vor, virtuelle Desktops zwischen internen Rechenzentren und der Cloud zu migrieren.
Editionen
VMware Horizon 6 liegt in den Ausführungen Standard, Advanced und Enterprise vor. Die Standard Edition führt als einzige zusätzlich View im Namen, was darauf verweist, dass es sich dabei um eine reine Lösung zur Desktop-Virtualisierung handelt. Zu ihrem Lieferumfang gehört noch ThinApp, aber selbst die Speicherung von Images auf vSAN bleibt ihr verwehrt.
Die neuen Möglichkeiten der RDS-Integration sind ebenso wie der vSAN-Support den beiden großen Ausführungen vorbehalten. Exklusiv in der Enterprise Edition sind weitere Management-Tools enthalten, darunter solche für das Kapazitäts- und Health-Monitoring.
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