Tags: VMware, System-Management, Configuration-Management
VMware ist der Pionier der x86-Virtualisierung und dort immer noch klarer Marktführer. Aber die Konkurrenz wird härter, besonders durch Microsoft, das wesentliche Komponenten für die Hardware-Virtualisierung mit Windows bündelt oder kostenlos abgibt. Oracle-Boss Larry Ellison bezeichnete deswegen VMware schon als das nächste Netscape. VMware stemmt sich mit einer expansiven Strategie gegen dieses Schicksal und ist schon heute weit mehr als ein Anbieter von Virtualisierungssoftware.
Inhalt
Virtualisierungs-Business sichernMicrosoft als gefährlichster Konkurrent
Allianzen und Zukäufe
- Vorstoß in die Applikationsebene
- Verstärkungen bei Betriebssystemen und Middleware
- System-Management
Kerngeschäft durch Weiterentwicklung von vSphere sichern
Voreilige Prognosen für einen baldigen Niedergang von VMware gehen davon aus, dass die Konkurrenz bereits ebenbürtige Technologie zu einem geringen Preis anbieten könne. Derzeit verliert VMware aber nur langsam Marktanteile, weil die meisten Firmen bei einer kritischen Anwendung wie der Server-Virtualisierung lieber auf bewährte Lösungen setzen. Der magische Quadrant von Gartner widerspricht zudem deutlich den Marketing-Aussagen von Microsoft, Citrix oder Red Hat, dass ihre Produkte schon gleichauf mit denen von VMware seien.
Darüber hinaus sind Preisvergleiche bei Virtualisierungs-Software außerordentlich schwierig, wenn die Produkte in ihrer Leistungsfähigkeit stark differieren und zur Basistechnologie noch Management-Werkzeuge hinzukommen, deren Funktionen von den Herstellern jeweils sehr unterschiedlich gebündelt werden. So erfordert beispielsweise Microsofts Performance and Resource Optimization (PRO), das wie VMwares Distributed Resource Scheduling (DRS) der Automatisierung der virtuellen Infrastruktur dient, den Kauf des Virtual Machine Manager (VMM) und des System Center Operations Manager (SCOM). DRS dagegen ist Bestandteil von vSphere.
Aufgrund der aktuellen Marktsituation ist VMware natürlich bemüht, noch längere Zeit seinen technischen Vorsprung vor seinen Verfolgern zu halten. Dies zeigt sich an der langen Liste zum Teil wesentlicher Neuerungen, mit denen vSphere 4.1 voraussichtlich aufwarten wird.
Microsoft auf Dauer im Vorteil
Auf Dauer lässt sich jedoch absehen, dass Microsoft mit seinen enormen Ressourcen und angesichts der Bedeutung von Virtualisierung technologisch mit VMware gleichziehen wird. Microsoft hat dabei gleich mehrere Vorteile:
- Es besitzt das Betriebssystem, das in den meisten virtuellen Maschinen läuft
- Die Management-Tools der System-Center-Familie erlauben eine übergreifende Systemverwaltung von der Hardware über die Virtualisierungsschicht und das Betriebssystem bis zu den Applikationen.
- Es hat mit Azure eine System-Plattform für öffentliche Clouds, die technisch eng auf die System-Software für den internen Gebrauch abgestimmt wird, so dass Anwendungen idealerweise transparent zwischen Azure und internem Rechenzentrum verschoben bzw. verteilt werden können.
Für VMware ist es daher entscheidend, dass es die technische Nische zwischen Hardware und Betriebssystem verlassen und seinen Software-Stack nach oben hin erweitern muss. Darüber hinaus geht es für den Hersteller darum, seine Ambitionen für die öffentliche Cloud weiter zu verfolgen, so dass die VMware-Technologie auch dort Fuß fasst. Allerdings ist die Firma nicht in der Lage, eine eigene globale Infrastruktur nach dem Muster von Amazon, Google oder Microsoft aufzubauen.
Zukäufe, Kooperationen und Allianzen
Neben Akquisitionen und Kooperationen, die vorhandene Produkte um benötigte Features ergänzen (Kauf von RTO Virtual Profiles, Entwicklung von PCoIP mit Teradici), erweiterte VMware mit Zukäufen vor allem seine Technologiebasis, um die Nische als vCompany zu verlassen.
Applikationsebene
Akquisition von Springsource
Der erste große Schritt weg von einem reinen Virtualisierungs-Anbieter war der Kauf von Springsource im August 2009 und damit der Erwerb eines führenden Java-Frameworks. Als Virtualisierungs-Company vertrat VMware immer die Position, dass Betriebssysteme nur eine untergeordnete Rolle spielen sollten und sich zukünftig primär als Laufzeitumgebung für Legacy-Anwendungen eigneten.
Mit der Ausführung von Enterprise-Java-Applikationen auf Basis eines Frameworks, das eng auf vSphere abgestimmt ist und nur ein minimales Betriebssystem benötigt (JeOS), kommt VMware dieser Vision sehr nahe.
Weiterführende Lektüre: VMware Taps a new SpringSource von Redmonk-Analyst Stephen O'Grady.
Kooperation mit Salesforce
Die Ankündigung von VMforce im April 2010 ist eine Fortsetzung der Springsource-Ambitionen. Die Kooperation mit dem führenden Online-CRM-Anbieter hat zum Ziel, dass auf seiner Plattform nicht nur die mit der Salesforce-eigenen Sprache APEX entwickelten Anwendungen laufen können, sondern auch Java-Applikationen, die für das Springsource-Framework geschrieben wurden. Als Basis für die Applikationsschicht setzt Salesforce den Virtualisierungs-Stack von VMware ein.
Wenn VMforce seinem Anspruch als PaaS gerecht wird, dann schirmt sie Anwendungen von den Eigenheiten der Infrastruktur ab und ist etwa in der Lage, die nötige Rechenleistung, Speicher oder Datenbanken automatisch bereitzustellen. Dies wäre die Grundlage für die reibungslose Interoperabilität mit firmeninternen VMware-Installationen und böte so eine enge Integration von private und public Cloud, die Microsoft mit seiner Enterprise-Software und Azure anstrebt.
Weiterführende Lektüre: What the VMware and Salesforce partnership is all about auf virtualization.info
Abkommen mit Google
Rund ein Monat nach der Bekanntgabe der Kooperation mit Salesforce folgte eine Vereinbarung mit Google, die im Wesentlichen auf die bessere Unterstützung von Spring durch Googles AppEngine hinausläuft. Die Zusammenarbeit mit Google ist jedoch weniger eng als mit Salesforce, da VMware keine seiner Produkte auf der Google-Plattform bereitstellt. Selbst das Springsource-Framework muss der Anwender selbst mitbringen.
Weiterführende Lektüre: From VMWare + SalesForce.com (VMForce) to VMWare + Google: VMWare’s PaaS milestones von William Vambenepe
Kauf von Zimbra
Bei Zimbra handelt es sich um eine in Java programmierte Open-Source-Software für Mail, Kalender und Adressverwaltung, mithin um eine Konkurrenz zu Microsoft Exchange. VMware erwarb Zimbra im Januar 2010 von Yahoo, das die Software erst 2007 durch die Übernahme der gleichnamigen Firma für 350 Mio. Dollar erstanden hatte.
Mit Zimbra verfolgt VMware gleich mehrere Ziele. Das Messaging-System verzeichnete zuletzt dank seiner Beliebtheit bei Telcos insgesamt ca. 55 Mio. Benutzer und ist damit ein ernst zu nehmender Rivale für Exchange Online. In Zusammenarbeit mit seinen Cloud-Partnern trägt VMware die Auseinandersetzung mit Microsoft in ein Terrain jenseits von Virtualisierungs-Software.
Durch den Erwerb von Zimbra wird VMware außerdem zum Anbieter von Anwendungssoftware, die sich sowohl firmenintern auf der VMware-Plattform (als Virtual Appliance) als auch über Online-Services nutzen lässt. VMware versetzt mit Zimbra seine vCloud-Partner in die Lage, über IaaS und PaaS hinaus auch Software as a Service (SaaS) anzubieten.
Weiterführende Lektüre: VMware adds Zimbra von Redmonk-Analyst Stephen O'Grady
Betriebssystem und Middleware
Partnerschaft mit Novell
VMware dominiert den Markt für Virtualisierungssoftware und verfügt mit Spring über ein populäres Java-Framework. Dazwischen klafft eine Lücke, weil VMware über kein eigenes Betriebssystem verfügt. Die Anfang Juni mit Novell geschlossene Partnerschaft sieht vor, dass Anwender von vSphere kostenlos SuSE Linux Enterprise Server (SLES) erhalten, inklusive eines Abos für Updates und Patches sowie der Möglichkeit, Support direkt von VMware zu beziehen. Darüber hinaus stellt VMware seine vorkonfigurierten Images (Virtual Appliances) durchgängig auf SLES um.
Die Partnerschaft richtet sich natürlich gegen Microsoft, indem sie etwa für die Ausführung von Java- oder PHP/Python/Perl-Anwendungen Windows leicht verzichtbar macht. Sie zielt aber auch auf Red Hat, das auf Basis von KVM selbst ein wichtiger Anbieter von Virtualisierungslösungen werden möchte. vSphere-Kunden benötigen zukünftig für den Einsatz von Linux keine separaten Support-Vertrag mit Red Hat mehr, sie können alles aus einer Hand (der von VMware) bekommen.
Pikant an dieser Partnerschaft ist, dass Novell seit Jahren Microsofts Vorposten im Linux-Lager ist. Beide Unternehmen haben sich beispielsweise vertraglich geeinigt, keine patentrechtlichen Ansprüche gegeneinander zu erheben, so dass SLES-Anwender vor Klagen durch Microsoft wegen Patentrechtsverletzungen sicher sind. Zusätzlich kooperieren die beiden Firmen auch bei der Implementierung von Microsoft-Technologien für Open-Source-Umgebungen sowie bei Virtualisierung.
Novell sucht seit der Ablehnung des Übernahmeangebots durch den Hedgefonds Elliott Associates einen Käufer. Gartner-Analyst Richard Jones hält es für nicht unwahrscheinlich, dass VMware dieser Käufer sein könnte. Novell verfolgt im Gegensatz zu Red Hat keine aggressive Virtualisierungsstrategie und besitzt neben dem Betriebssystem eine Reihe von Produkten, die in das Portfolio von VMware passen würden. Dazu zählen etwa jene für das Identity- oder Desktop-Management.
Kauf von RabbitMQ durch Springsource
Die VMware-Tochter Springsource übernahm Mitte April die britische Rabbit Technologies Ltd., den Anbieter einer quelloffenen Message Queuing Software. Sie dient der asynchronen Kommunikation zwischen (lose gekoppelten) Anwendungen, wie sie in Web- und Cloud-Umgebungen die Regel sind.
Weiterführende Lektüre: SpringSource buys Rabbit For World Made of Messages von Redmonk-Analyst James Govenor
Redis und Gemstone: Datenbank für die Cloud
VMware stellte den Chefentwickler von Redis ein und die Tochter Springsource kaufte Anfang Mai Gemstone. Während es sich bei Redis laut Wikipedia um einen "Open-Source, networked, in-memory, persistent, journaled, Key-Value-Datastore" handelt, kommt Gemstone aus dem Bereich objektorientierter Datenbanken. Das mittlerweile zum wichtigsten Produkt avancierte Gemfire charakterisiert die Firma als "verteiltes In-Memory Daten-Management".
CEO Paul Maritz sieht VMware nicht im Datenbankgeschäft, meint aber damit relationale Datenbanken. Bei Redis und Gemstone handelt es sich indes um Technologien, die in der Regel unter dem Begriff NoSQL subsumiert werden. Sie sind prädestiniert für die verteilte Datenhaltung in Cloud-Systemen, wie etwa Google mit BigTable oder Amazon mit Dynamo zeigen.
Management-Werkzeuge
Nach allgemeiner Einschätzung verlagert sich der Wettbewerb im Virtualisierungsmarkt immer mehr von Basistechnologien wie dem Hypervisor in Richtung Management-Tools. VMware verfügt über ein breites Spektrum an Werkzeugen zur Verwaltung seiner Plattform, deren Funktionen von Performance- und Kapazitäts-Management bis zu Disaster Recovery und Chargeback reichen.
Ein gängiger Einwand gegen VMwares Tools-Strategie besteht darin, dass sie sich nur auf die eigene Plattform beschränkt und keine übergreifende Sicht über die Virtualisierungsschicht hinaus erlaube. Zudem seien die Werkzeuge untereinander nicht ausreichend integriert, so der Burton-Analyst Chris Wolf. Als Beispiel nennt er, dass DRS und CapactiyIQ nicht zusammenspielten.
Aber auch in diesem Bereich versuchte sich VMware in den letzten Monaten durch Akquisitionen zu verstärken und die Virtualisierungsnische zu verlassen.
Kauf von Hyperic
Hyperic wurde nicht direkt von VWware erworben, sondern gelangte über die Springsource-Akquisition an das Unternehmen. Springsource hatte Hyperic bereits einige Monate vor der eigenen Übernahme durch VMware gekauft.
Bei Hyperic handelt es sich um einen Anbieter von Software für das Applikations-Management. Es unterstützt neben Java eine Reihe anderer Technologien und deckt alle wesentlichen Komponenten einer verteilten Software ab (Datenbanken, Web- und Applikations-Server).
Die Software ist für das Echtzeit-Monitoring, Reporting und die Kapazitätsplanung besonders von Web-Anwendungen ausgelegt und eignet sich für große Installationen. Daher ist sie häufig bei Hosting-Anbietern im Einsatz. Aus der Sicht von VMware ist Hyperic ein weiterer Baustein für den Aufbau von Cloud-Infrastrukturen.
Übernahme von Ionix-Produkten aus dem EMC-Portfolio
Im März kaufte VMware für 200 Mio Dollar 4 Produkte aus der Ionix-Familie seines Mehrheitseigners EMC. Damit machte VMware einen weiteren großen Schritt zu einem Anbieter von Software für ein übergreifendes Infrastruktur-Management. Das Unternehmen erwarb im Zuge dieses Deals folgende Management-Werkzeuge:
- Server Configuration Manager (ursprünglich ConfigureSoft): System für das Configuration-Management, anfangs wie alle solchen Lösungen auf die Verfolgung von Änderungen in physikalischen Systemen ausgelegt. Die Firma konzentrierte sich aber schon vor der Übernahme durch EMC verstärkt auf virtuelle Infrastrukturen. Zum Umfang des Systems gehört auch eine CMDB. Damit tritt VMware fast zeitgleich mit Microsoft in diesen Markt ein, dessen Service Manager 2010 ebenfalls eine CMDB enthält.
- Application Stack Manager (ursprünglich Fastscale): Software zur Optimierung von Betriebssystemen, indem sie nicht benötigte Komponenten entfernt. Sie passt zum JeOS-Konzept von VMware und leistet ergänzend zu den Memory-Management-Techniken von ESX einen Beitrag zur Erhöhung der VM-Dichte pro Server.
- Application Discovery Manager (ursprüglich nLayers): Software für Application Fingerprinting und zur Beseitigung von Performance-Problemen. Gewisse Überschneidungen mit VMware AppSpeed, das dem Kauf von B-hive entstammt.
- Service Manager (ursprünglich Infra Enterprise): Lösung für das Incident-, Change- und Service-Management inklusive Service-Katalog. Sie enthält zudem auch eine föderierte CMDB. Die Überschneidung mit dem gleichnamigen Microsoft-Produkt beschränkt sich offensichtlich nicht nur auf die Bezeichnung.
Weiterführende Lektüre: VMware and the Ionix Assets – A Deeper Look von Bernd Harzog
Zusammenfassung
Während VMware in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch die Virtualisierungs-Company ist, hat das Unternehmen in kurzer Zeit über eine Reihe von strategischen Übernahmen und Allianzen die Weichen in Richtung umfassendes Management von IT- und Cloud-Infrastrukturen gestellt.
Damit versucht es sein Portfolio zu erweitern, um der absehbaren Entwertung von Virtualisierungstechnik zu entkommen, die daraus resultiert, dass sie zunehmend in Betriebssystem integriert wird oder als Open Source verfügbar ist.
Allerdings ist es nur ein erster Schritt, wenn VMware auf der Marketing-Checkliste alle wesentlichen Features abhaken kann. Schon die bisher vorhandenen Tools bedürfen erst einer engeren Integration, das gilt natürlich noch mehr für die eben zugekauften.
Das Ziel eines breit aufgestellten Infrastrukturanbieters hilft möglicherweise, der Enge des auf Dauer schrumpfenden Virtualisierungsgeschäfts zu entkommen, bringt VMware aber in direkte Konkurrenz zu etablierten Schwergewichten wie IBM, HP, BMC oder CA.
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1 Kommentar
...dort Fuss fasst...
Richtig muss es heißen: ...Fuß fasst.
Bitte korrigieren, danke.