Zero Client: Definition, Varianten, Vorteile und Nachteile


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    Pano Zero ClientAls Reaktion auf die zunehmende Komplextität von Thin Clients riefen Hersteller wie Pano Logic oder NComputing die Rückkehr zum absolut schlanken Endgerät aus, dem Zero Client. Um den Begriff hat sich mittlerweile ein Hype gebildet, und deshalb benutzen ihn mehrere Hersteller, um sehr unterschiedliche Konzepte zu benennen. Was kennzeichnet also den Zero Client und ist er wirklich das einzig wahre Endgerät für virtuelle Desktops?

    Thin Clients: Kompromiss zwischen schlank und leistungsfähig

    Die im Lauf der Jahre gewachsene Ausstattung von Thin Clients mit immer mehr Funktionen spiegelt die widersprüchlichen Anforderungen an diese Geräte wider. Einerseits sollen sie wartungsarm sein und wenig Strom verbrauchen, andererseits ein ähnliches Benutzererlebnis bieten wie ein ausgewachsener PC. Da jedoch remote ausgeführte Audio- oder Video-Anwendungen oft nicht den Erwartungen der User entsprechen, springen in solchen Fällen ein lokaler Desktop inklusive Web-Browser oder Media Player ein.

    Lokale Software erfordert Management

    Mit der Zahl lokal installierter Softwarekomponenten steigt der Wartungsaufwand, weil etwa im Fall von XP Embedded auch jedes Security Update des Internet Explorer eingespielt werden muss.

    Bedingt durch den Wettbewerb bei der Desktop-Vrtualisierung kommen neue Remote-Display-Protokolle hinzu, so dass es mit Unterstützung für RDP und ICA nicht mehr getan ist. Die Geräte sollen also zumindest noch PCoIP sprechen, neuerdings wird auch RemoteFX erwartet.

    Zero Clients schließen potenzielle Nutzergruppen aus

    Wenn nun bestimmte Hersteller weniger Komplexität fordern, dann müssen sie trotzdem den Spagat zwischen einfachem Management und ansprechendem Benutzererlebnis meistern. Dabei kommen ihnen allerdings die Fortschritte bei den Remote-Display-Protokollen ebenso zugute wie jene bei der Desktop-Virtualisierung insgesamt.

    Wenn jedoch Mechanismen wie Multimedia Redirection oder Reverse Seamless ausscheiden, dann verringert dies die potenziellen Einsatzgebiete für die Geräte. Das betrifft primär anspruchsvolle Software für Wissensarbeiter und Power-User, die man mit Hilfe virtueller Desktops für Thin Clients gewinnen wollte. Sie bleiben beim traditionellen Server Based Computing (Terminal-Server, Citrix) weitgehend außen vor, der Schwerpunkt liegt hier auf aufgabenbezogenen Tätigkeiten.

    Was darf rein in einen Zero Client?

    Neben Pano haben auch Dell, Fujitsu, Sun/Oracle oder Wyse Geräte im Angebot, die sie als Zero Clients bezeichnen. Pano vertritt die reine Lehre und möchte nur das "absolute Minimum" am Arbeitsplatz sehen. Es installiert dort keine Software oder Treiber. Dagegen halten die Teradici-Lizenznehmer wie Fujitsu oder Dell lokal Code als Firmware vor, die bei Bedarf auch aktualisiert werden muss.

    Wyse schließlich lädt mit mit seinem Xenith-Gerät die Konfiguration und die so genannte Engine für bestimmte Protokolle beim Start aus dem Netz. Weil der Code nicht lokal vorgehalten wird, reklamiert auch Wyse einen konfigurationsfreien Zero Client für sich.

    Kriterien für Zero Clients

    Während sich das Marketing der Hersteller vor allem mit der Frage beschäftigt, ob die Zero Clients der Konkurrenz diese Bezeichnung verdienen, möchte der potenzielle Käufer wissen, welche Kriterien solche Geräte tatsächlich erfüllen sollten. Der Ex-Gartner-Analyst Simon Bramfitt stellte eine solche Liste zusammen, die gleichzeitig die wesentlichen Vorteile dieses Konzepts repräsentiert:

    • Plug and Play: ein Zero Client muss aus der Box ohne Eingriff des Administrators einsatzfähig sein. Ein neues Gerät muss sich außerdem genauso verhalten wie alle anderen des gleichen Modells, ohne dass es vor der Auslieferung individuell angepasst wurde. Wenn mehr zu tun ist als das Gerät mit dem Netz zu verbinden, sowie Tastatur, Maus und Monitor anzuschließen, dann hat der Gerät ein wesentliches Kriterium nicht erfüllt.
    • Keine Konfiguration: ein eingeschalteter Zero Client muss in der Lage sein, eine Netzverbindung aufzubauen, virtuelle Desktop-Umgebungen bzw. Terminal-Server zu finden und sich dort anzumelden, ohne dafür konfiguriert zu werden.
    • Seltene und zentrale Updates: Wenn überhaupt Updates erforderlich sind, dann sollten sie selten sein (keine "Patch Tuesdays") und sich zentral verteilen lassen, ohne dass IT-Mitarbeiter physisch auf die Zero Clients zugreifen müssen. Lokale Peripherie sollte sich nutzen lassen, ohne dass dafür Treiber installiert werden.

    Unter diesen Kriterien können Geräte als Zero Client durchgehen, die etwa aus der Sicht von Pano Logic keine sind, weil sie eine CPU besitzen und Software ausführen. Andererseits gehen die Geräte auf Basis von Teradici-Technik vom Konzept her zwar als Zero Clients durch, die praktische Implementierung verstößt bei häufigen Firmware-Updates jedoch gegen das dritte Kriterium.

    Geringe Flexibilität und die Folgekosten

    Die Ausrichtung von Zero Clients auf Einfachheit und geringen Management-Aufwand helfen dabei, Kosten zu sparen, sowohl beim Erwerb der Geräte als auch bei ihrem Unterhalt. Dazu werfen sie viele der Erweiterungen über Bord, die Hersteller von Thin Clients entwickelt haben, um die Defizite der zentralen Ausführung von Anwendungen zu kompensieren. Das Ergebnis kann je nach Konzept zu geringerer Flexibilität führen und die Kostenvorteile zunichte machen.

    Bei radikalen Zero-Client-Konzepten bietet die Hardware nur wenige und fest verdrahtete Funktionen, lokale Software gibt es nicht. Nachdem die ganze Intelligenz und Arbeitslast auf den Server verlagert wird, besteht keine Gefahr, dass der Zero Client aufgrund höherer Anforderungen seine Aufgabe nicht mehr erfüllen könnte. Einzelne Hersteller reklamieren deshalb eine Nutzungsdauer ihrer Geräte von bis zu 10 Jahren.

    Kürzere Lebensdauer bei fehlenden Update-Möglichkeiten

    Andererseits können Zero Clients je nach Update-Fähigkeit nicht von technischen Fortschritten profitieren, etwa bei Remoting-Protokollen. Wenn Anwender jedoch in den Genuss dieser Errungenschaften kommen möchten, dann geht das möglicherweise nur über den vorzeitigen Austausch der Hardware. Das gilt auch dann, wenn Hersteller heute proprietäre Protokolle verwenden, aber sich Technologien wie RemoteFX im Lauf der Zeit als De-facto-Standard etablieren sollten.

    Die geringere Flexibilität zeigt sich auch bei solchen Geräten, die Puristen nicht als Zero Clients durchgehen lassen, weil sie CPUs sowie RAM besitzen und Software lokal ausführen. Beispielsweise beruht das Xenith-Modell von Wyse auf der gleichen Hardware wie die Class-C-Geräte (also traditionelle Thin Clients, die auch Windows Embedded ausführen können). Im Gegensatz zu universellen Thin Clients sind sie aber dauerhaft auf eine bestimmte Technologie festgelegt, sei es Citrix/HDX oder VMware View/PCoIP (siehe dazu die umfangreiche Analyse von Brian Madden).

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    Bild von Wolfgang Sommergut

    Wolfgang Sommergut hat lang­jährige Erfahrung als Fach­autor, Berater und Kon­ferenz­sprecher zu ver­schie­denen Themen der IT. Da­ne­ben war er als System­ad­mi­ni­stra­tor und Con­sultant tätig.
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    3 Kommentare

    Was ist der genaue Unterschied zwischen einem Zero Client und einem Thin Client?
    Bzw. wie kann ich diese 2 Begriffe in wenig Sätzen definieren?

    Ein Zero Client bootet meist nur
    - einen Citrix Client oder
    - einen RDP Client oder
    - einen vSphere Client

    er verfügt über kein anders OS und dient nur dazu, Remote-Sessions auf einen Citrix, VNWare oder Terminal-Server zu starten.

    z.B. HP T410

    Also früher nannte man das Thin-Client.

    Ist wohl mehr ein Marketing-Thema.
    Eine (pflegebedürftige) Software braucht es immer auf dem Client.